Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e.V.

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Beschwerde gegen Prof. Dr. Stefan Schmidtchen


Dr. Dr. h.c. Jürgen Lüthje
Universitätspräsident
Edmund-Siemers-Allee 1
20146 Hamburg 27. 4. 00

Betr.: "Kampfhund-Besitzer - was sind das für Menschen?" BILD, 22. 4. 00
          Beschwerde gegen Prof. Dr. Stefan Schmidtchen, Psychologisches Institut

Sehr geehrter Herr Dr. Lüthje,
wie Sie vielleicht wissen, führt die BILD zur Zeit eine großangelegte Aktion durch. Unter dem Motto "Ja, ich wehre mich!" sollen Bürger per Unterschrift die Freie und Hansestadt Hamburg auffordern, ein Verbot für "Haltung, Züchtung und Kreuzung der 15 gefährlichsten Kampfhunderassen" zu erlassen.

Ein Mitglied des Fachbereichs Psychologie, Herr Prof. Dr. Stefan Schmidtchen, hat im Rahmen der BILD-Kampagne (am 22. 4.) ein pseudo-wissenschaftliches Gefälligkeitsgutachten über "die Kampfhund-Besitzer" erstellt.

Sämtliche Experten - Tierschützer, Verhaltensforscher und Tierärzte - lehnen eine Rassenliste und den Begriff "Kampfhund" als völlig ungeeignet zur Klassifizierung des "gefährlichen Hundes" ab. Diese Expertenmeinung wird von allen verfügbaren Daten und Statistiken (beispielsweise die Beißstatistik des Deutschen Städtetages) gestützt. Die trotzdem vorhandenen "Rassenlisten" decken sich absolut nicht mit der Beißhäufigkeit, sind voller Ungereimtheiten und Absurditäten.

Dass es nun, angeblich wissenschaftlich untermauert durch ein Mitglied Ihres Lehrkörpers, auch noch die Rasse "Kampfhund-Besitzer" geben soll, ist ein Skandal.

Ungeachtet der Tatsachen, über die sich jeder intelligente und verantwortungsbewusste Bürger informieren kann, spricht Herr Dr. Schmidtchen in seinen Äußerungen nicht nur den betroffenen Tieren der 15 Rassen jedes Individualverhalten ab; er behandelt auch die Halter der betroffenen Hunderassen als homogene Menge, deren angebliches psychisches Defizit er meint, in knappen Sätzen darstellen zu können. Über die Dürftigkeit so schlichter Aussagen wie "harte Jungs brauchen harte Hunde" könnte ich noch mild lächelnd hinweggehen. Dass er aber auf die Aussage von Hundehaltern, ihr Hund sei ein ganz Lieber, den Wahrheitsgehalt schlicht bestreitet und statt dessen bei den Betroffenen einen Zwiespalt zwischen Gewissen und innerem Aggressionsdrang diagnostiziert, ist für mich nicht mehr akzeptabel.

Da die BILD nun kurzerhand und erstmalig zwei bisher "unbescholtene" Hunderassen (Rottweiler und Dobermann) diffamiert und ebenfalls den sog. "Kampfhunden" zuordnet, bin auch ich, als Halterin einer jungen Dobermann-Hündin, plötzlich über Nacht zum "Kampfhund-Besitzer" mutiert und demzufolge von den Äußerungen des Dr. Schmidtchen persönlich betroffen. (Als Tierfreundin und aktive Tierschützerin im Hamburger Tierschutzverein nutze ich auch meine berufliche Energie und Qualifikation seit Jahren, um unermüdlich für ein menschlicheres Miteinander zu werben; für eine humane Welt, die eben dieses Adjektiv nur verdient, wenn endlich auch das Mitgeschöpf Tier die Achtung erhält, die wir jedem Lebewesen schuldig sein sollten. Dass ausgerechnet ich einmal als zwiespältiges Subjekt mit innerem Zwang nach Machtsymbolen diffamiert werde, hätte ich mir nicht träumen lassen.)

Welches Rechtsempfinden verbirgt sich eigentlich hinter dem Versuch, nicht mehr den tatsächlichen Täter (sei es nun Hund oder Mensch) zu be- und verurteilen, sondern gleich alle anderen mit, die möglicherweise, irgendwie und irgendwann, rein theoretisch eine Gefahr oder auch nur "Beängstigung" darstellen könnten.

Als gesellschaftspolitisch einigermaßen interessierter und vorgebildeter Mensch kann man Durchführung und Aussagen der Berichterstattung gegen die "Kampfhunde" nur mit wachsender Sorge beobachten. Die Kampagne trägt schon jetzt deutliche Züge einer gefährlichen Massen-Hysterie. Sprachwahl, Denkansätze und Lösungsvorschläge lassen die Gefahr undemokratischer Tendenzen erkennen.

"Diese Viecher sollte man alle einschläfern, und die Halter am besten gleich mit". Dieser Satz, gesagt am Donnerstag 27. 4. 00 - unkommentiert und unkritisiert - im Verlauf der Spielhandlung einer Fernsehserie, zeigt vielleicht genau diesen "Lösungsansatz", dem das aufgeheizte "gesunde Volksempfinden" möglicherweise schon jetzt freundlich zunickt.

Nun bin ich überzeugt, dass auch Herr Dr. Schmidtchen solchen Äußerungen nicht zustimmen mag.
Aber einem Psychologie-Professor der Hamburger Universität kann man zumuten, sich der Verantwortung bewusst zu sein, die er mit öffentlichen Äußerungen übernimmt.

Dass er sich zur Verfügung stellte, in knappen Worten tausende von Menschen pauschal als psychisch instabile Persönlichkeiten zu diffamieren, empfinde ich weder mit dieser Verantwortung noch mit seiner Tätigkeit oder gesellschaftlichen Stellung vereinbar.

Ich wehre mich entschieden dagegen, öffentlich von einem Professor der Hamburger Universität per Ferndiagnose beurteilt und gerichtet zu werden. Einem Mitarbeiter, der von mir und den vielen anderen Betroffenen nichts weiß, außer dass bei diesen Menschen ein Hund bestimmter Rasse zur Familie gehört.

Ich gehe davon aus, dass die Handlungsweise des Prof. Schmidtchen nicht dem üblichen Vorgehen der Hamburger Universitätsprofessoren entspricht. Ich möchte Sie bitten, den Vorfall zu prüfen und sich dafür einzusetzen, dass sich Ähnliches nicht wiederholen kann.


Mit freundlichen Grüßen
Eileen Heerdegen




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