Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e.V. |
Vier
Pfoten e.V. Große Brunnenstr. 63a 22763 Hamburg Offener Brief an -
den Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt
Hamburg, Herrn Ortwin Runde -
die Senatorin der Behörde für Arbeit, Gesundheit und
Soziales, Frau Karin Roth Runder Tisch
zur Hundeproblematik Hamburg, den 23.11.2000 Sehr geehrte Frau
Senatorin, sehr geehrter Herr Bürgermeister, heute in einer
Woche ist es soweit – wer bis zum 30.11.2000 nicht die Haltung seines „Kampfhundes“
bei der zuständigen Ordnungsbehörde beantragt und alle Auflagen erfüllt hat,
muss damit rechnen, dass sein Hund beschlagnahmt und in die Harburger Halle verbracht
wird. Dort soll „nach Augenschein“ von drei bestellten Tierärzten entschieden
werden, ob dieser Hund gefährlich ist, d.h. es soll das Zwingerverhalten dieses
dann verängstigten Tieres darüber entscheiden, ob die Todesspritze verabreicht
wird. Nach Angaben von BAGS-Mitarbeitern liegen Daten von circa 1.200 Hunden
vor, angeblich sollen sich Hundertschaften der Polizei darauf vorbereiten, ab
dem 01.12.2000 diese Phase 2 der Hamburger Hundeverordnung zu realisieren. Wir sind uns
bewusst, dass es mit dem Tod des kleinen Volkan am 26.06.2000 grausame Gründe
für die Hamburger Hundeverordnung vom 28.06.2000 gab. Wir leugnen nicht, dass
es Probleme mit gefährlichen Hunden gibt. Ob ein Hund allerdings aggressiv
wird, hängt von diversen menschgemachten Faktoren wie Zucht, Sozialisation und
Erziehung ab. Auch Tiere sind leidens- und gefühlsfähige Individuen und keine
Maschinen mit unwiderlegbaren Eigenschaften. Sehr geehrter
Herr Bürgermeister, bitte fragen Sie sich doch einmal, wieso nur gut 20 % der
Halter ihre „Kampfhunde“ bisher offiziell gemeldet haben – könnte es sein, dass
viele einfach keine Chance sehen, die von Ihnen formulierten Anforderungen
überhaupt erfüllen zu können? Sie haben ja wiederholt dargelegt, dass es so gut
wie keine Möglichkeit gibt, ein „berechtigtes Interesse“ zu formulieren – ja
wundert es Sie da wirklich, dass viele Menschen dann mit ihrem geliebten Hund
lieber abwarten und auf ein Wunder hoffen? Sehr geehrte Frau
Senatorin, bitte fragen Sie sich doch einmal, wie viel Leid Sie in der Vorweihnachtszeit
über unschuldige Menschen und Tiere bringen werden. Die wenigsten Halter der
inkriminierten Rassen sind skrupellose Verbrecher, die wenigsten Hunde sind
gefährlich. Fast alle Hundebesitzer und -besitzerinnen lieben ihre Tiere wie
ein Familienmitglied. Darum befürchten wir, dass es zu verzweifelten Reaktionen
der betroffenen Menschen kommen wird. Laut Aussagen in
der Sitzung des Hamburger Gesundheitsausschusses vom 07.11.2000 gibt es wohl
kaum eine Chance, dass auch nur ein Teil der zuvor benannten 1.200 Hunde jemals
vermittelt werden kann. Deshalb soll ja das oben benannte Augenschein-Verfahren
darüber entscheiden, ob ein Hund sofort eingeschläfert wird – ist das der
„vernünftige Grund“, den man zum Töten eines Wirbeltieres braucht? Sehr geehrte
Frau Senatorin, sehr geehrter Herr Bürgermeister – Advent, die Zeit der Besinnung
steht vor der Tür. Wir fordern Sie auf, Phase 2 der Hamburger Hundeverordnung
vorerst bis Ende des Jahres auszusetzen und in der Zwischenzeit an einem RUNDEN TISCH gemeinsam mit Ihren und unseren
Experten nach sozial verträglichen und effektiven Problemlösungen zu suchen. Zu den Themen des
RUNDEN TISCHES sollten folgende Sofortmassnahmen im Rahmen einer
verfassungskonformen Umsetzung der bestehenden Hundeverordnung gehören: 1.
Konzentration auf die eigentlichen Probleme:
gefährliche Hundehalter und unverantwortliche Züchter. Entsprechende
Aufklärungsmaßnahmen. 2.
Rücknahme der Parole "Weg mit den
Kampfhunden". Die Ordnungsämter sollen nach fachlich kompetenter und
strenger Einzelfallprüfung Haltungsgenehmigungen erteilen. Dabei ist u.a. zu
berücksichtigen, dass es auch unter den Armen der Stadt "geeignete"
HundehalterInnen gibt, wie es unter den Reichen auch "ungeeignete"
gibt. Die Armen müssen die Auflagen also bezahlen können, es muss also
anerkannte Regelungen für sozial Schwächere geben! 3.
Ernsthafte Vermittlungsbemühungen eingezogener und
getesteter (harmloser) Hunde. 4.
Widerlegbarkeit der Gefährlichkeitsvermutung bei Kategorie-1-Hunden.
Wer Sachkunde-nachweis, Hundeschule und Wesenstest für seinen Hund vorlegen
kann, wird von den Auflagen befreit. Vergleichbar wären hier z.B. die
Durchführungsbestimmungen zur Hundeverordnung in Mecklenburg-Vorpommern, wo es
ebenfalls eine Regierung unter sozialdemokratischer Führung gibt. 5.
(Wieder-)Einrichtung einer Sachverständigenkommission
zur Erarbeitung einer vernünftigen Hundeverordnung sowie eines Konzepts für ein
Hundemanagement. Sehr geehrte Frau
Senatorin, sehr geehrter Herr Bürgermeister, langfristig wollen wir alle das
Gleiche – keine aggressiven Hunde. Nur lassen Sie uns auf dem Weg dorthin die
Vernunft walten lassen und nicht blinden Aktionismus. Unterzeichner: Dr. Erik Zimen (Ethologe und Canidenforscher), Claudia Schürmann
(Resozialisierungsexpertin), Brigitte Stöber-Harries (Lehrerin, Sachbuchautorin
und Redakteurin), Professor Leibrecht (Geschäftsführender Vorstand des Studiengangs
Musiktheaterregie), Dr. Ulrich Wollenteit (Rechtsanwalt), Torsten Koop (Natursteingroßhändler),
Bullterrier in Not e.V.,
Interessengemeinschaft Hundefreunde e.V., Hundeunion Norddeutschland e.V.,
die Tierbefreier e.V., Interessengemeinschaft
verantwortungsbewusster Hundehalter, |