Hund und Halter e.V.

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Stellungnahme zu rassespezifischen
Hundeverordnungen und "Kampfhunde"-Steuern


Diese Stellungnahme wurde an alle großen, in der Politik vertretenen
Parteien, sowie an viele Gemeinderäte, Kommunalpolitiker, Rechtsanwälte
und andere Entscheidungsträger versandt

Unser Verein ist sehr bemüht in dieser Angelegenheit durch objektive Aufklärung eine sachliche Diskussionsgrundlage zu schaffen, die u. E. für die Durchführung eines effektiven Tier- und Menschenschutzes unerläßlich ist. Erst die Behandlung und Erziehung durch den betreffenden Menschen ist maßgeblich entscheidend dafür, ob und inwiefern ein Hund für unsere Mitmenschen eventuell zu einer Gefahr werden könnte. Dies bedeutet im Umkehrschluß, sofern wir in der Lage sind durch sinnvolle Maßnahmen die betroffenen Tiere vor menschlichem Fehlverhalten zu schützen, wird hieraus unweigerlicher ein effektiver sowie präventiver Schutz unserer Mitmenschen hervorgehen.
Wir hoffen das wir Ihnen mit den nun folgenden Ausführungen einige wichtige Informationen vermitteln und unserer Zielsetzung hiermit entsprechen können.
Bilder und Dokumentationen, überwiegend aus den USA und den osteuropäischen Ländern, erstmalig veröffentlicht Ende der 80er Jahre und ursprünglich dafür gedacht, uns Menschen die brutalen und perversen Neigungen einiger Artgenossen unserer eigenen Spezies zu verdeutlichen. Doch im Zuge sensationsarmer Zeiten wurde immer wieder gerne und mit zunehmender Häufigkeit von den Sensationsmedien auf diese Bilder zurückgegriffen, um die Leser und Zuschauer von den alltäglichen Mißständen des Lebens abzulenken. Waren es vor langer Zeit die Greultaten des Wolfes die uns Menschen vor Augen halten sollten, daß weitere Lebewesen neben uns existieren, die uns Menschen und die uns eigene Gewaltbereitschaft noch übertreffen. So wurde mit dem "Kampfhund" eine neue imaginäre Kreatur geschaffen, die in der heutigen Zeit einen ebenbürtigen Ersatz für den "bösen Wolf" darstellen muß.
Die unentwegte Medienhetze, angeregt durch die Sensationsjournalie, zeigt nun ihre Auswirkungen. Einerseits wurde auf Seiten der Bevölkerung und hiermit zwangsläufig auch in der Politik eine gesteigerte Sensibilisierung auf bestimmte Hundetypen hervorgerufen, andererseits wurde inzwischen das Interesse eines jeden zwielichtigen Subjektes an den diffamierten Hunderassen geweckt. Was für die vielen betroffenen Tiere unsagbares Elend durch Mißbrauch, Aussetzen, oder Abgabe in die Tierheime einschließlich folgender Euthanasie bedeutet, heißt für die unbescholtenen Hundehalter pauschale Vorverurteilung, Diffamierungen, Beschimpfungen, Behördenwillkür, Wohnraumverlust etc. Die zwielichtigen Gestalten erfreuen sich einer kurzzeitigen Aufwertung ihres Egos und der Boulevardjournalismus erfreut sich ebenfalls, nämlich an den steigenden Einschaltquoten sowie der Auflagensteigerung der entsprechenden Zeitschriften.
Nach dem Motto "nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten" finden lediglich bizarre und abstruse Ereignisse die Aufmerksamkeit des Verbrauchers. So werden im Zusammenhang mit sog. "Kampfhunden" sehr häufig falsche und absurde Äußerungen betreffend übermäßiger Beißkräfte und bestimmter Veranlagungen verwendet, die dem Zuschauer bzw. Leser eine besondere Gefährlichkeit der betreffenden Tiere suggerieren sollen. Betreffend der Beißkräfte ist folgendes zu erklären: Es existieren bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen, weder über Schäferhunde noch über andere Hunderassen, die diese Aussage bestätigen könnten. Selbst in den entsprechenden Expertenkreisen, angeregt durch diese absurden Äußerungen, stellt man sich die berechtigte Frage, wie eine derartige Untersuchung überhaupt und mit welchen Mitteln durchgeführt werden könnte. Hier ist man sich aber darüber einig, daß die Beißkraft eines Hundes von dessen Schädelgröße und der entsprechenden Muskulatur abhängig gemacht werden kann. Hieraus ergibt sich, daß zwei körperlich gleichwertig beschaffene Hunde verschiedener Rassen, keine nennenswerten Unterschiede bezüglich der Beißkraft aufweisen können. Sicherlich ist es einem Hundehalter möglich durch entsprechendes Training der betreffenden Muskulatur, die Beißkraft seines Hundes zu verstärken. Jedoch ist das hieraus resultierende Ergebnis keinesfalls als rassespezifisch zu werten.
Rassespezifische Veranlagungen einzelner Hunderassen können mit Sicherheit nicht bestritten werden, doch bestehen schon in den vielen Zuchtlinien der einzelnen Rassen gravierende Unterschiede betreffend der physischen, sowie auch der psychischen Veranlagungen der einzelnen Hunde. Wie eingehend in speziellen Untersuchungen festgestellt wurde, ist auch die beste Veranlagung kein Garant für die spätere Arbeitsleistung oder Verwendbarkeit eines Hundes. Entscheidend ist hier vielmehr, die Förderung der entsprechenden Veranlagungen durch den Ausbilder bzw. Hundehalter. An dieser Stelle möchte ich gerne auf ein Zitat des von mir sehr geschätzten Verhaltensforschers - Schüler von Konrad Lorenz - Herrn Eberhard Trumler zurückgreifen:
"Ein erwachsener Hund ist nicht nur das Produkt seiner erblichen Anlagen, er ist auch das Produkt seiner Jugendentwicklung. Man kann ganz zweifelsfrei behaupten: Ein schlecht veranlagter Hund mit einer guten Jugendentwicklung, wird ein besserer Hund sein als einer, der zwar über beste Erbanlagen verfügt, aber eine unzureichende Jugendzeit verlebte." Was der Hund also nun im dritten Lebensjahr manifestiert , ist das Bild von Soll und Haben auf dem Konto seiner Jugendentwicklung."
Die Anknüpfung an rassespezifische Eigenschaften, sowie auch die Zugrundelegung des zoologisch, biologisch sowie veterinärmedizinisch inexistenten Phänomens "Kampfhund", kann u. E. einer sachdienlichen Urteilsfindung keinesfalls gerecht werden. Das eine Rasse "Kampfhund" schlechthin nicht existiert, ist der einschlägigen Literatur der entsprechenden Fachkreise in ausreichendem Umfang zu entnehmen. So wie es uns nicht möglich ist, Menschen bestimmter Bevölkerungsgruppen aufgrund der Verhaltensweisen einiger ihrer Landsleute pauschal zu verurteilen, ist es ebenfalls nicht möglich, bestimmte Hunderassen a priori als gefährlich zu bezeichnen. Wie auch bei uns Menschen, entwickelt sich der Charakter eines jeden einzelnen Hundes ganz individuell aufgrund seiner Veranlagungen, Erziehung und dem sozialen Umfeld. Selbst unter den einzelnen Welpen eines Wurfes, bestehen in der Regel ganz erhebliche Verhaltensunterschiede zwischen den einzelnen Wurfgeschwistern. So das Verhaltensweisen einzelner Hunde, keinesfalls verwertbare Rückschlüsse auf die ganze Rasse zulassen.
Der Begriff "Kampfhund" kann u. E. keinesfalls ein Sammelbegriff für bestimmte Hunderassen darstellen, sondern lediglich als Funktionsbezeichnung für entsprechend "ausgebildete" und mißbrauchte Hunde jedweder Rasse und Mischung Verwendung finden. Ebenso wie es einer Ausbildung zum Rettungshund, Drogenspürhund, Blindenhund etc. bedarf, um einen Hund entsprechend verwenden und titulieren zu können, bedarf es dergleichen um einen Hund zum Kampf (Mißbrauch) einzusetzen. Kein Hund, weder die der diffamierten Rassen und Mischungen, noch ein Hund einer anderen Hunderasse, wird für bestimmte Verwendungszwecke gebrauchsfertig geboren.
Es ist mit Sicherheit ein etwas phantasievoller Vergleich, doch betrachten wir in diesem Zusammenhang einmal uns Menschen, die angeblich intelligentesten Lebewesen, mit einer sehr ausgeprägten sprachlichen Veranlagung. Stellen Sie sich bitte einmal ein Kind vor, daß nicht unter Menschen sondern ausschließlich unter Tieren aufwächst. Dieses Kind wird nach etlichen Jahren als Jugendlicher, abseits jeglicher Zivilisation aufgefunden. Wird dieser junge Mensch Ihrer Meinung nach zu diesem Zeitpunkt menschliche Verhaltensweisen zeigen, oder wird er in der Lage sein, auch nur ein menschliches Wort zu verstehen, geschweige denn zu sprechen?
Nach Auffassung der betreffenden Experten ist nicht die Rasse und deren spezifische Eigenschaft bzw. deren Veranlagung ausschlaggebend für die Entstehung eventueller Probleme, sondern es ist vielmehr der betreffende Hundehalter, dessen Charakter, seine fachliche Qualifikation und das hieraus resultierende Handeln am Tier. Die von einigen Kommunen und Ländern verhängten rassespezifischen Maßnahmen wie z. B. "Kampfhunde"- Steuern oder Verordnungen orientieren sich aber ausschließlich an den Tieren, daß tatsächliche Problem, der betreffende Mensch bleibt jedoch unbehandelt. Auch finden sehr fragwürdige Ausbildungs- und / oder Trainingsmethoden in den betreffenden Hundesteuersatzungen oder Verordnungen keinerlei Beachtung.
"Gerechtigkeit für jedermann ist leider selten praktikabel." Diese Aussage wurde kürzlich von einem Politiker im Zusammenhang mit den betr. Maßnahmen geäußert. Auch wenn diese Aussage u. U. den Tatsachen entsprechen sollte, kann sie Unrecht und Willkür nicht entschuldigen. Ebenso ist fehlender Sachverstand, Ratlosigkeit und Bequemlichkeit kein gerechtfertigter Anlaß, um eine korrekte Sachverhaltsermittlung im konkreten Fall zu unterlassen. Es werden neue Verordnungen und sogar Gesetze gefordert, doch die Ordnungsbehörden sind schon heute nicht dazu in der Lage, die ihnen durch das entspr. GefAG gegebenen und völlig ausreichenden Mittel umzusetzen. (Fast alle Recherchen der uns bekanntgewordenen Vorfälle haben übereinstimmend ergeben, daß schon im Vorfeld die Ordnungsbehörden mehrfach von Nachbarn oder Passanten über Mißstände in der betreffenden Hundehaltung informiert wurden. Es wurde aber von den zuständigen Behörden stets unterlassen, hierauf rechtzeitig und angemessen zu reagieren.) So wird auch die Umsetzung neuer Maßnahmen aus gleichen Gründen scheitern, wie sie schon heute für die mangelhafte Umsetzung des GefAG verantwortlich sind.
Sollte sich eventuell im Verhalten der zuständigen Behörden, die allgemeine Haltung unserer menschlichen Gesellschaft widerspiegeln? Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen. Ein jeder fürchtet ausschließlich um seine eigene körperliche und materielle Unversehrtheit. Unaufhörlich steigt die Kriminalitätsrate, die Gewaltbereitschaft und der Einfallsreichtum hierfür verantwortlicher Personen nimmt erschreckende Ausmaße an. So werden z. B. In vollbesetzten S-Bahnen junge Frauen unter teilnahmslosen Zusehen der Fahrgäste belästigt, oder sogar vergewaltigt. Autofahrer werden auf offener Straße mit dem Messer erstochen (Berlin), weil sie kurzfristig beim verlassen der Grundstücksauffahrt den Gehweg blockieren. Kinder werden am hellichten Tag entführt, vergewaltigt und getötet. Diese beispielhaft genannten Straftaten zeigen u. E. doch mehr als deutlich die tatsächlich verantwortliche Problematik auf. Wer findet sich in Anbetracht solch armseliger Zustände, der auf einen stadtbekannten Zuhälter, Drogendealer oder Schläger zugeht, der zudem noch einen "gemeingefährlichen Köter" sein Eigen nennt, um diesen auf sein fehlerhaftes Verhalten in Bezug auf seinen Hund anzusprechen.
Glaubt man den Aussagen einiger Politiker, kann hier lediglich ein "Rundumschlag" die nötige Abhilfe schaffen. "Kampfhunde"-Steuern und Verordnungen sind nicht immer gerechtfertigt bekennt man, doch erspart man sich den unangenehmen Kontakt mit den tatsächlich verantwortlichen Personenkreis. Ein weiterer recht publicitywirksamer Nebeneffekt, der Bevölkerung wird Sicherheit suggeriert und der Bürger ist vorerst zufriedengestellt. Ein Zustand der im Kreise der zuständigen Politiker sicherlich vorerst ebenfalls Zufriedenheit hervorruft, unter Tierschützern und auch unter den vielen betroffenen unbescholtenen Hundehaltern jedoch Unverständnis, Betroffenheit und erhebliche Zweifel an unserem Rechtsstaat. Bei allem Verständnis für das Sicherheitsbedürfnis unserer Mitmenschen - denn auch die Halter der betroffenen Hunderassen sind größtenteils ganz normale Bürger, die einer geregelten Arbeit nachgehen um ihre Familie zu ernähren - können jedoch Maßnahmen, die wie hier auf dem Rücken der Tiere ausgetragen werden, Maßnahmen die nicht zwischen Schuld und Unschuld differenzieren, keinesfalls teilnahmslos hingenommen werden.
Gewaltbereite und/oder kriminelle Personen werden sich keinesfalls davon abhalten lassen Schuß- oder Stichwaffen zu mißbrauchen, indem man einige Waffen von behördlicher Seite auswählt und deren Besitz von extrem hohen Steuern oder entsprechenden Verordnungen abhängig macht. Ebenso wenig wird sich diese Klientel mit einer extrem hohen Steuer oder Sonderverordnung für einige verkannte Hunderassen, von deren Mißbrauch abhalten lassen. - Wobei wir hier keineswegs Gemeinsamkeiten zwischen Schuß- u. Stichwaffen und den betroffenen Hunderassen sehen, dieser Vergleich soll lediglich der abstrakten Darstellung dienen.- So kann z. B. eine scharfes Klinge in der Hand eines Chirurgen dazu genutzt werden, ein Menschenleben zu retten. In der Hand eines Kriminellen, kann der gleiche Gegenstand jedoch einen Menschen schwer verletzen, oder sogar töten. Ebenso verhält es sich mit den in den Steuersatzungen und Verordnungen aufgelisteten Hunden. In der Hand eines geeigneten Menschen und mit der entsprechenden Ausbildung, kann ein jeder Hund dieser Rassen als Rettungshund Menschenleben retten. Wiederum kann jeder Hund einer großen und kräftigen Rasse und unter entspr. Umständen, in der Hand eines Kriminellen einen Menschen schwer verletzen oder sogar töten.
In Anbetracht der tatsächlichen und ganz offensichtlich erkennbaren Problematik stellt sich jedem ordentlichen Hundehalter die berechtigte Frage, darf es in unserem Land, in der Demokratie in der wir leben wieder eine Rechtsauffassung und entsprechende Maßnahmen geben, die nicht nach Schuld und Unschuld fragen? Ist es nach unserem Rechtsstaatsprinzip zu billigen, wenn die ordnungsgemäße Sachverhaltsermittlung im konkreten Fall aus Bequemlichkeit bewußt vernachlässigt wird und man pauschal nach Rassezugehörigkeit aburteilt? Können historische Begebenheiten aus dem Jahre 1870 maßgeblich für eine Urteilsfindung im Sinne der heutigen Rechtsprechung sein, so wie es im Urteil des OVG-Lüneburg der Fall war?
Nicht nur das 9 entsprechende Gerichte aufgrund ordnungsgemäßer Sachverhaltsermittlung und unter Berücksichtigung des Grundgesetzes zu völlig gegensätzlichen Urteilen fanden, so wird das niedersächsische OVG-Urteil auch von namhaften Experten aus dem Verwaltungs- sowie aus dem Verfassungsrecht, betreffend seiner Rechtmäßigkeit ganz deutlich in Frage gestellt (Prof. Dr. Hamann - Fachhochschule des öffentlichen Rechts NRW, Dr. Potthast - Verwaltungsrechtler - Düsseldorf, Prof. Dr. Erbel - Verfassungsrecht - Universität Bonn). Die Urteilsbegründung der niedersächsischen OVG-Richter wurde als eine einzige Farce, als Schande für die ganze Richterschaft bezeichnet. "Hier wurde im Namen des Volkes Unrecht gesprochen!" Die Sachverhaltsermittlung der zuständigen Richter beschränkte sich lediglich darauf, die zugrunde liegende Literatur sowie die Stellungnahmen und Gutachten der entspr. Experten, durch inhaltlichen Verriß wunschgemäß zu ihrer Urteilsbegründung zusammen zu stellen.
Derzeit sind in verschiedenen Bundesländern etliche entsprechende Verfahren gegen rassespezifische Verordnungen und Steuersatzungen anhängig. So sind u. a. in Niedersachsen (OVG-Lüneburg), Nordrhein Westfalen und Brandenburg sieben Klagen und Normenkontrollverfahren vor den entspr. Gerichten anhängig. Eine weitere befindet sich in Hessen, gegen die Hundesteuersatzung der Stadt Frankfurt a. M., in unmittelbarer Vorbereitung. Alle samt werden von einem ausgezeichneten Verwaltungsrechtler vertreten, auf dessen Kompetenz schon vier erfolgreiche Klagen gegen entsprechende Länderverordnungen (Saarland, Baden Württemberg, Hamburg und Bremen) zurückzuführen sind. In Anbetracht der Befähigung des zuständigen Anwaltes, der Bestätigung der vorangegangenen Rechtsprechung (7 Urteile) durch das OVG-Magdeburg, dem VGH Baden-Württemberg und unter Berücksichtigung der aktuellen Gutachten darf davon ausgegangen werden, daß auch das OVG-Lüneburg in absehbarer Zeit sein fehlerhaftes, völlig absurdes Urteil korrigieren wird.
Auch wenn noch z. Z. aufgrund der "Rechtsprechung" des Lüneburger OVG-Urteils die Einführung von rassespezifischen Maßnahmen sehr verlockend erscheint, so mögen sich diese bestenfalls zur Durchsetzung finanzpolitischer Interessen eignen, werden dem eigentlichen Problem aber keinesfalls gerecht. Wer in Anbetracht der heutigen Gewaltbereitschaft, der Kriminalitätsstatistik und dem Einfallsreichtum der hierfür verantwortlichen Personen etwas gegenteiliges glaubt oder behauptet, dem sei empfohlen seine Gedanken schnellstmöglich der Realität anzupassen, bevor weiteres und größeres Unheil entsteht. Kein realitätsbezogener Mensch würde in Bezug auf die hohen Unfallzahlen im Straßenverkehr der Idee verfallen, bestimmte KFZ-Typen zu verbieten um hiermit die Zahl der Unfallopfer zu reduzieren. Hiermit würde man ebenso wie mit tierischen Rassenkatalogen lediglich an den Symptomen herumdoktoren, doch die Ursache bleibt weiterhin unbehandelt.
Ein "Mensch" der sich eines Hundes bedient um seine kriminellen Energien auszuleben, wird sich schnellstens einer anderen Rasse bzw. Mischung zuwenden, sofern der bisherige Hund bestimmten behördlichen rassespezifischen Repressalien unterworfen wird. ( Das Elend der augenblicklich betroffenen Rassen, wird lediglich auf andere verschoben.) Wird dieser "Mensch", durch welche Umstände auch immer, keine Gelegenheit mehr finden auf einen Hund zurück zu greifen, wird es eventuell ein anderes Tier sein, ein Knüppel oder sonstige geeignete Gegenstände auf die er zurückgreift, um diese in seinem Sinne einzusetzen.
Die Personenkreise, die in der Regel für die Vorfälle mit Hunden verantwortlich gemacht werden müssen, wie z.B. Mitglieder von Jugendbanden und andere Kleinkriminelle, Zuhälter und Drogenhändler, die fast täglich gegen geltende Gesetze verstoßen, werden sich mit Sicherheit nicht durch Verordnungen oder erhöhte Steuern (sofern sie überhaupt Steuern zahlen) davon abhalten lassen, weiterhin Hunde für ihre Zwecke zu mißbrauchen. Wobei bedacht werden sollte, daß gerade im Rotlichtmilieu verbotene und/oder besonders kostspielige Objekte eine gesteigerte Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Eine extrem hohe Hundesteuer oder ein Verbot also, dem Prestigeobjekt Hund in diesen Kreisen noch eine unnötige Aufwertung verleiht. Nach Aussage der Tierschutzbeauftragten für das Land Hessen, Frau Dr. Martin, erfreuen sich seit Bekanntmachung der rassespezifischen Hundeverordnung in der Frankfurter Problemszene, Mischlinge aus Schäferhund u. Wolf bzw. Huskie u. Wolf einer gesteigerten Beliebtheit. Weiterhin steigt die Nachfrage nach Herdenschutzhundrassen. Die Ansprüche die diese Hunderassen an ihre Halter stellen, sprechen nicht unbedingt für eine problemlose Hundehaltung in der Hand von inkompetenten oder gar kriminellen Menschen. Was sollen in diesem Fall rassespezifische Maßnahmen bewirken?
Durch einen Rassenkatalog beschränkt sich die Handlungsfähigkeit der Ordnungsbehörden auf die katalogisierten Hunderassen. Die Konzentration auf einige bestimmte Hundetypen beeinträchtigt die Aufmerksamkeit für Probleme, die anderweitig mit den Hunden (Menschen) entstehen. Keine Stadt, in der die Bürger unter gesteigerter Kriminalität zu leiden haben, in der es in diesem Zusammenhang schon mehrfach zu Vorfällen mit Hunden kam, konnte bisher nach Einführung rassespezifischer Maßnahmen auch nur einen Teilerfolg verbuchen. Dem entgegen zeigt die Auswertung der aktuellsten Städtetagsuntersuchung (Zeitraum von 5 Jahren in 245 Städten / 21.126 Zwischenfälle), daß sich in den vergangenen Jahren die Anzahl der Vorfälle mit Hunden, auch ohne Anwendung rassespezifischer Verordnungen, um mehr als die Hälfte reduziert hat. Auch wenn uns die Boulevardjournalie gegenteilige Zustände suggerieren will. Die Anzahl der Vorfälle bezieht sich auf alle ordnungsrechtlich gemeldeten Fälle u. a. Beschwerden von Nachbarn, Verkehrsunfälle usw., nicht nur wie so oft fälschlicher Weise behauptet, ausschließlich auf Hundebisse oder schwerere Verletzungen.
Im Zusammenhang mit Aktivitäten für bundesdeutsche Hundeverordnungen wird gerne auf ähnliche Gesetzesinitiativen unserer Nachbarländer wie z. B. Frankreich verwiesen. Jedoch erscheint uns dieser Verweis als recht unangemessen und als fadenscheinige Rechtfertigung mißbraucht. So werden in unseren Nachbarländern z. T. völlig andere Hunderassen als mutmaßlich gefährlich deklariert. Sehr auffällig erscheint uns die Tatsache, daß in unseren Nachbarländern, ebenso wie in Deutschland, die jeweiligen "Nationalhunderassen" sowie die weit verbreiteten Gebrauchshunderassen von den betr. Repressalien verschont bleiben. Findet in Deutschland die Bordeauxdogge (Dogue-Bordeaux) ihren Platz in den rassespezifischen Verordnungen für mutmaßlich gefährliche Hunde, so wird diese Rasse im französischen Gesetz nicht erwähnt. Gleichermaßen verhält es sich in England mit Bullterrier und Staffordshire Bullterrier, deren Popularität dort in ihrem Ursprungsland, mit der des Schäferhundes in Deutschland gleich zu setzen ist. Sollten die benannten Rassen in ihren Ursprungsländern etwa weniger gefährlich sein als in der Bundesrepublik? Der von einigen Politikern angeblich gewünschte präventive Schutz unserer Mitbürger gerät sehr schnell in Vergessenheit, sobald es sich um tierisches Nationalgut handelt oder aber ein erheblicher Widerstand, aufgrund der Masse an betroffenen Hundehaltern zu erwarten ist.
Wie schon mehrfach erwähnt führen rassespezifische Maßnahmen u. E. lediglich dazu, daß in erster Linie sehr viele Unschuldige für die Vergehen der tatsächlichen Verursacher die Strafe zahlen müssen. Schon vielerorts mußten sich etliche Hundehalter aufgrund der finanziellen Bedrängnis oder aufgrund des angedrohten Wohnraumentzuges von ihren vierbeinigen Freunden trennen. In der Regel handelt es sich hierbei weder um mißbrauchte Hunde noch um die Halter, die für die Problematik verantwortlich sind. Unter den augenblicklichen katastrophalen Zuständen finden sich leider keine neuen geeigneten Hundehalter und für die meisten Tiere bedeutet dieses, den Tod durch Euthanasie.
Wir hoffen doch sehr, daß in Anbetracht demokratischer und ethischer Aspekte dieser Zustand keinesfalls Ihre Zustimmung findet und appellieren an Sie, durch Ihre Entscheidung nicht noch weiteres Tierelend zu begünstigen. Um der tatsächlichen Problematik angemessen entgegen zu treten, wird dringend ein Gesetz benötigt das in der Lage ist, den vom Menschen betriebenen Mißbrauch am Tier jedweder Gattung und Rasse effektiv zu verhindern.
Für die Weitergabe unserer Stellungnahme an Ihre Parteikollegen, Fraktions- oder Ratsmitglieder wären wir Ihnen sehr dankbar. Für Ihrerseits eventuell auftretende Rückfragen und mit detaillierterem Informationsmaterial wie z. B. Gutachten, Statistiken, Gerichtsurteile usw. stehen wir Ihnen selbstverständlich jederzeit und gerne zur Verfügung.



Mit freunlichen Grüßen

Thomas Henkenjohann

1. Vorsitzender


"Die Wahrheit hat nichts zu tun mit der Zahl der Leute, die von ihr überzeugt sind."



Bitte geben auch Sie diese Stellungnahme an Politiker, Entscheidungsträger, Freunde und Bekannte weiter!


Die Stellungnahme zum Download (48,36 KB)
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