Hund und Halter e.V.

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BULL TERRIER GAZETTE 2/2000,
mit freundlicher Zustimmung und Genehmigung des Kynos Verlag



SCHACH DER KAMPFHUNDEHYSTERIE


Es ist zum Ko... - Kobolzschießen wollte ich natürlich sagen. Dem norddeutschen Fernsehen ist es in seiner Sendung N3-Aktuell am 17. Mai 2000 gelungen, all den Unfug zu dokumentieren, der sich in den Köpfen von Medien, Politikern, Journalisten und Hundebesitzern angesammelt hat.

Wie allgemein üblich bemühte sich der Sender nachhaltig darum, blutrünstige und aufrüttelnde Filmstreifen einzuspielen - man hat sie aus allen möglichen Sendungen zusammengeklaubt, darauf wurde dann die Diskussion aufgebaut. Der neue schleswig-holsteinische Innenminister Klaus Buß hat sich offensichtlich in seiner kurzen Amtszeit nur sehr ungenügend in die Materie eingearbeitet - wahrscheinlich aber hat er noch das gleiche Vorzimmer wie sein berüchtigter Vorgänger Minister Wienholtz. So wundert es nicht, dass die alten Platten wieder abgespielt wurden.

Erschreckend - Minister Buß erklärte frank und frei, er sei nicht der Minister für Hunde - er sorge für die Sicherheit der Bevölkerung. Offensichtlich vergaß er dabei, wie viele menschliche Schicksale hinter 5.000.000 Hunden in unserem Lande stehen. Da hatte die international anerkannte Sachverständige Frau Dr. Dorit Feddersen-Petersen einen schweren Stand. Buß meinte, eine Regelung nach den vorliegenden Forschungen sei verwaltungsmäßig viel zu aufwändig, könnte niemand von ihm verlangen. Er brauche einheitliche Richtlinien - leicht praktizierbar - deshalb bedürfte es entsprechender Rasselisten und klarer Vorgaben, welche die Polizei auch überwachen könne. Der Herr Minister kündigte an, er werde bis spätestens September eine Verordnung erlassen, sie umfasse Zuchtverbot und Importverbot für voraussichtlich vier Hunderassen - strikten Maulkorb- und Leinenzwang für eine Reihe weiterer noch namentlich zu benennender Rassen und für Hunde, die aus dem Kreise der anderen Rassen auffällig werden. Sein großes Vorbild war eindeutig die Regelung des Landes Bayern, das er für mustergültig ansieht. Offensichtlich ist Herrn Buß dabei die Erklärung seines Ministerkollegen Beckstein aus Bayern zu Ohren gekommen - danach gibt es nach zehn Jahren Kampfhundegesetz in diesem Lande überhaupt keine "Kampfhunde" mehr. Ob Minister Beckstein eigentlich einmal Zuchtstatistiken gelesen hat, weiß, wie viele Welpen der von ihm verfehmten Hunderassen jährlich in diesem Land gezüchtet werden? Diese wurden dann offensichtlich alle in andere Länder exportiert - oder? Man sieht - Minister können genauso fahrlässig und oberflächlich diskutieren, wie es ihnen die Presse täglich vorexerziert.

Ich habe es eigentlich noch nie erlebt, dass Frau Dr. Feddersen-Petersen von ihren Gesprächspartner matt gesetzt wurde. Ich muss aber offen zugeben - es gab überhaupt keine Möglichkeit, in diesem Diskussionskreis fachlich fundiert zu argumentieren. Für wissenschaftliche Argumente war kein Platz - der Herr Innenminister und seine Mitstreiter haben das klare Ziel, auf die Ängste der Bevölkerung zu reagieren. Leider - niemand in dieser Runde verwies auf die Tatsache, dass alle diese Ängste von den Medien und Politikern selbst ausgelöst wurden, durch auf Sensationen abgestellte Reportagen und Berichte. Wer über 20 Jahre Ängste weckt und schürt, darf sich nicht wundern, wenn Dank aller dieser Demagogie in der Öffentlichkeit viel Unruhe entsteht.

Und wie bekämpft man diese Angst - indem man kurzerhand Millionen Hundebesitzer zwingt, ihre Hunde abzuschaffen oder nur noch mit Leine und Maulkorb auszuführen - was deren Sozialisierung unmöglich macht! Bei den Politikern - gesteuert von der Presse - hat sich die Meinung gebildet, dass ihr Eintreten gegen die Hunde für das Erringen von Wahlerfolgen wichtig sei - obwohl gerade die SPD in Schleswig-Holstein es erlebt hat, wie eindeutig gerade ihre Hundekampagne durch Herrn Wienholtz Stimmen gekostet hat. Aber diese Partei lebt ohnedies nach dem Motto: "Weiter so!"

Übrigens - früher wusste man auch noch andere Wege, um Ängste zu bekämpfen - nämlich sachliche Aufklärung, Vermittlung von Wissen, wie man mit der Natur und ihren Geschöpfen umgehen muss. Stattdessen erlaubte Minister Buß sich, die sehr vernünftigen Hinweise von Frau Dr. Feddersen-Petersen im Stern - wie sich Menschen tatsächlich beim Angriff von Hunden notfalls verhalten müssen - gegen die Wissenschaftlerin und die Hunde zu karikieren und umzudrehen. Was kann man nur tun, wenn Politiker ohne jeglichen Sachverstand agieren - eine Preisfrage, die sich schon viele - nicht nur Hundefreunde - gestellt haben.

Apropos Hundefreunde - die mieseste Gestalt in dieser Gesprächsrunde war mit Sicherheit der Fernsehmoderator Carlo von Tiedemann. Ja, Carlo von Tiedemann ist selbst Hundebesitzer, er besitzt einen West Highland White Terrier. Und dieser Hund wurde in seiner Jugend von einem angeblichen Pitbull angefallen und verletzt - Tiedemann hat es dem Schweinehundebesitzer aber gegeben. Er hat dem Pit drei Rippen eingetreten, ist hierauf noch sehr stolz. Für jeden derartigen Beißunfall tritt er für eine Mindeststrafe von 15.000 bis 20.000 DM ein, grundsätzlich für alle derartigen Hunde für strikten Maulkorb- und Leinenzwang. Keine Sorge - Carlo von Tiedemann versteht mit Sicherheit von Hunden nichts - sonst wäre ihm vielleicht einmal aufgefallen, dass sein Westie von der Herkunft her genauso ein Terrier ist wie der Stafford. Ich habe manchen Westie kennen gelernt, der andere Hunde das Fürchten lehrte! Es wird jedenfalls allerhöchste Zeit, dass dieser unkontrolliert brutale, alte Mann von seinen Aufgaben als Fernsehmoderator entbunden und in den Ruhestand geschickt wird. Er outete sich als der Typ von Hundehalter, dem man keinesfalls einen Kampfhund anvertrauen sollte. Alter macht nicht immer weise - zuweilen extrem voreingenommen und ungerecht!

Da drängt sich dann der Verdacht auf, dass solche Ausfallserscheinungen nicht altersbedingt, sondern berufsbedingte Langzeitschäden sind. Ich denke dabei an meine eigenen Erfahrungen mit Günter Jauch (Stern TV) und an die Ausfälle von Hans Meiser in einer seiner letzten Sendungen. Der Kauf eines Golden Retriever durch Hans Meiser und seine daraus entwickelten Kenntnisse, die er ungeniert in Talkshows ausbreitet, sind ein deutliches Warnzeichen!

In der Fernsehdiskussionsrunde versuchte Markus Ringe mit seinem reizenden, fast die ganze Sendung verschlafenden Staffordshire Bull Terrier die Fahne der Hundefreunde hochzuhalten. Er war aber offensichtlich durch Fernseheinspielungen und die Diskussion so verschüchtert, dass er einen akuten Handlungsbedarf der Politik bejahte, sogar Verständnis zeigte, dass Maulkorb- und Leinenzwang auferlegt werden sollten. Er vermutete, damit könne man leben - unter Missachtung der warnenden Worte von Frau Dr. Feddersen-Petersen, die klar darauf hinwies, dass ein solcher Maulkorb- und Leinenzwang eine Sozialisierung der Hunde mit der Umwelt schwer beeinträchtigt. Ergänzt wurden diese Ausführungen durch einen Verweis auf die dem VDH und der FCI angeschlossenen verantwortungsbewussten Vereine, die durchaus in der Lage seien, durch geeignete Maßnahmen die Zucht so zu lenken, dass keine Gefahr für Menschen von diesen Hunderassen ausgehe. Eine etwas blauäugige Haltung - welche die Gesprächsrunde mit Sicherheit wenig beeindruckt hat.

Innenminister Buß sucht nach einer Regelung mit höchstmöglicher Effizienz - damit die Menschen in Schleswig-Holstein keine Angst mehr haben müssen - Einzelregelungen auf Hund und Besitzer bezogen mit jeweiligen Überprüfungen sind für ihn verwaltungsmäßig völlig ausgeschlossen. Die Mitmenschen müssen eindeutig erkennen können, dass es sich bei den noch gehaltenen "Kampfhunden" um klar beschriebene einzelne Rassen handelt - die auch andere erkennen. Er deutete deutlich an, dass er auf die Mithilfe der Bevölkerung zählt, die ihrerseits überwacht, dass diese Hunde ordnungsmäß mit Maulkorb und Leine ausgeführt werden. Mit anderen Worten - nicht vom Herrn Minister - er hofft darauf, dass Denunzianten künftig zu Bundesgenossen seiner Büttel werden.

Übrigens - auch der Tierschutz kam in dieser Runde zu Wort. Zum einen durch Einspielen von Fernsehaufnahmen aus dem Tierheim Hamburg, das nach eigenen Angaben mit 80 Kampfhunden schon völlig überlastet ist. Grotesk eine Darstellung des Tierheimleiters, wonach diese Hunde so gefährlich sind, dass vier Rüden - zusammengesperrt mit einer Hündin - die Hündin töteten. Welcher normale Hundekenner sperrt eigentlich im Tierheim Hunde dieser Rassen in einen gemeinsamen Zwinger? Deutlich war die Erklärung der Vertreterin des Deutschen Tierschutzbundes - die Tierheime seien in ihrer Aufnahmekapazität absolut erschöpft - die Hunde, die nunmehr durch politische Entscheidungen von ihren Hundebesitzern abgegeben werden müssen, könnten keine Aufnahme finden. Bedrohlich waren einige Nebensätze, die klar zeigten, dass gerade die Haltungsverhältnisse in Tierheimen für diese Hunde dazu führen könnten, dass diese nicht mehr sozialisierbar sind - über kurz oder lang dann eingeschläfert werden müssten!

Wir haben diese 45 Minuten durchlitten - am Ende der Sendung drohte die Moderatorin an, N3 bleibe dem Thema treu und werde in absehbarer Zeit erneut berichten. Arme Hunde! Noch einige generelle Anmerkungen: Die angekündigte gemeinsame Lösung der Innenministerien der 14 Bundesländer kam nicht zustande - Deutschland wird nach wie vor ein Flickenteppich von einzelnen Bundesländern sein, in denen jeweils andere rechtliche Voraussetzungen für die Hundehaltung bestehen. Ein Fluch des Förderalismus! Was sich seit dieser Konferenz abgespielt hat, ist kaum mehr nachzuvollziehen. Im Minimum erreichen uns täglich zehn Faxe mit Zeitungsausschnitten über die von den einzelnen Innenministern angekündigten Landesmaßnahmen. Dies geht vom Zuchtverbot, Importverbot nach Rassenlisten, Maulkorb- und Leinenzwang bis zum Einziehen namentlich aufgeführter Hunderassen. Ein edler Wettbewerb - welcher Minister die schrillsten Töne hervorzubringen vermag. An vorderster Stelle in der Ankündigungswelle stehen die Kampfhundesteuern - das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes hat hier alle Dämme durchbrochen - es ist ja eine einmalige Chance, zum einen die Kassen zu füllen, zum anderen so zu tun, als nähme man auf die Ängste der Bevölkerung Rücksicht und erschwere die Kampfhundehaltung. Dieser Entwickung stehen die einzelnen VDH-Zuchtverbände nach ihren eigenen schriftlichen Ausführungen ziemlich hilflos gegenüber. Es wird unisono darauf hingewiesen, dass die höheren Steuern zu bezahlen sind - keiner spricht davon, dass man jegliche derartige Zahlung immer unter Vorbehalt leisten muss, für den Fall, dass die beim Bundesverfassungsgericht anstehenden Klagen doch Erfolg haben werden.

Klar sei darauf hingewiesen, dass das Thema Erdrosselungssteuer zur Stunde rechtlich völlig ungeklärt ist. Die bisherige Rechtsprechung geht davon aus dass selbst ein zehnfacher Steuersatz gegenüber der normalen Hundesteuer für Kampfhunde zulässig sein könnte. Dabei beruhen die Urteile aber bisher auf sehr bescheidenen Grundsteuersätzen. Zur Stunde sind in einzelnen Gemeinden Kampfhundesteuern in der Planung, die selbst DM 4.000 für einen einzelnen Hund betragen könnten. Hier wäre mit Sicherheit Raum, um diese Fragen erneut juristisch abzuklären. Unsere Empfehlung jedenfalls ist darauf gerichtet, bei jeder exzessiven Steuerforderung sich mit einem Spezialanwalt in Verbindung zu setzen, zu überprüfen, ob dagegen rechtliche Schritte ratsam sind. Es kann überhaupt kein Zweifel sein - die Kampfhundesteuer bildet eine noch härtere Bedrohung für den Fortbestand der diskriminierten Hunderassen! Hinzu kommen Wohnungskündigungen durch größere Wohnungsgesellschaften! Es ist sicherlich ratsam, vorhandene Mietverträge auf ihre Belastbarkeit mit "Kampfhundekündigungen" abzuklopfen, notfalls einen Umzug rechtzeitig einzuplanen - wenn sich solche Möglichkeiten aufgrund des örtlichen Mietspiegels ergeben.

Worauf ich immer noch warte, ist ein Aufschrei aller Hundebesitzer! Eigentlich müsste der letzte Kleinhundebesitzer inzwischen erkannt haben, dass der Krampf gegen Kampfhunde nur eine Vorstufe einer langfristigen Entwicklung ist! Näheres hierzu habe ich in Quo vadis canis. Der Hund, eine vom Aussterben bedrohte Tierart? ausgeführt. Dieses Buch findet übrigens durch die laufende Entwicklung immer mehr Rechtfertigung, hat auch sehr viele Hundefreunde aufgerüttelt. Was sich im Augenblick gegen die Kampfhunde abspielt, hat sich bereits auf die Rassen Schäferhund, Rottweiler und Dobermann - um nur einige zu nennen - ausgedehnt. Weitere Pläne gehen davon aus, dass bereits bei einer Widerristhöhe von 40 cm des Hundes absoluter Leinenzwang verhängt werden müsse - die Hunde sollen je nach ihrer behördlichen Einstufung verschiedenfarbige Halsbänder tragen, damit sie jeweils kontrolliert werden können. Die Perspektiven für alle, die Hunde besitzen, sind grau in grau.

Vielleicht können wir Menschen von unseren wesensfesten Hunden lernen, dass es jetzt darum geht, sich nachhaltig zu wehren - Eigeninitiativen zu entfalten.

Das wünscht Ihnen
Ihr

Dieter Fleig


KYNOS VERLAG
Dr. Dieter Fleig GmbH
Am Remelsbach 30
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E-mail: info@kynos-verlag.de
(BULL TERRIER GAZETTE 2/2000)


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