Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e.V.

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Rede der Rechtsanwältin Marion Oberender auf der Fachtagung am 18.11.00 in Düsseldorf


20.11.2000 mit freundlicher Genehmingung durch RA Oberender

Ich bin Hundehalterin und Rechtsanwältin. Außerdem bin ich Vorsitzende eines Rassehundezuchtvereins im Verband für das Deutsche Hundewesen und im Vorstand des Landesverbandes Schleswig-Holstein des Deutschen Verbandes der Gebrauchshundsportvereine. Ich weiß also, was ein Hund ist und ich kann ein Gesetz lesen. Und leider ist den Gesetzen und Verordnungen, die sich mit Hunden beschäftigen zu entnehmen, dass diejenigen, die sie erlassen, zumindest nicht wissen, was ein Hund ist.

Derzeit klage ich in Schleswig-Holstein für Mandanten im Normenkontrollverfahren gegen die Verordnung, die auf den ersten Blick noch recht moderat wirkt. Jedoch haben wir keinen Grund, uns im Norden in Sicherheit zu wiegen, ist doch bereits ein Gesetzentwurf erstellt worden, der ganz erhebliche Verschärfungen bringt. Darin wird das Halten sogenannter gefährlicher Hunde an eine Erlaubnis und den Nachweis eines sogenannten berechtigten Interesse geknüpft werden. Nach dem geplanten Gesetz sind dies Pitbull, American Staffordshire und Staffordshire Bullterrier. Durch Rechtsverordnung kann die Liste ständig erweitert werden. Die Zucht wird verboten werden, die Unfruchtbarmachung der Tiere vorgeschrieben. Das Grundrecht der freien Berufsausübung wird ausdrücklich eingeschränkt, ebenso wie das Grundrecht auf Eigentum. Hamburg lässt grüßen!

Auch in Hamburg bin ich mit mehreren Klagen befasst. Da Hamburg kein Normenkontrollverfahren kennt, sind es hier sogenannte negative Feststellungsklagen. Erste Entscheidungen der Gerichte liegen vor, was die sogenannten Kategorie 2 - Hunde angeht. Sobald das sogenannte Negativattest beigebracht wird, werden die Hunde freigestellt und zuvor ergangene Haltungsuntersagungsverfügungen aufgehoben. Keine Tendenz ist erkennbar, wie die Entscheidungen zu den Rasselisten ausgehen werden.

Die Regelungen der Verordnungen sind insgesamt nicht geeignet, das eigentliche Problem, dass durch das tragische Ereignis in Wilhelmsburg sichtbar geworden ist in den Griff zu bekommen. Das eigentliche Problem ist, wie in Teilen unserer Gesellschaft mit Gewalt umgegangen wird.

Das Gewaltproblem in Hamburg besteht nach wie vor. Wilhelmsburg ist ein ghettoähnlicher Stadtteil mit großen sozialen Konflikten. Auch nach der Tragödie ist mir von Hundekämpfen berichtet worden, die im Hamburger Stadtpark nach wie vor stattfinden und die der Polizei gemeldet wurden. Geschehen ist nichts.

Auch meine Mandanten sind mit allen anderen Betroffenen der Meinung, dass die Bevölkerung vor wirklich gefährlichen Hunden geschützt werden muss, diese aus dem Verkehr gezogen werden und wenn notwendig auch getötet werden müssen Ihre Hunde sind jedoch keine solchen Tiere.

Aber die Regelungen der Verordnung treffen im wesentlichen die falschen Personen, ganz normale arbeitende Menschen, Familien mit Kindern, die ihre Hunde ordnungsgemäß angemeldet, versteuert und versichert haben, sie gut erziehen und vernünftig halten. Zuhälter und Drogenhändler haben ihre Hunde längst in Sicherheit gebracht oder wenden sich anderen Hunden zu. Eine große Anzahl ordentlicher Hundehalter wird bestraft und stigmatisiert, weil der Staat mit einer Reihe von wirklichen Kriminellen nicht fertig wird. Mit diesen Regelungen lenkt der Staat ab von seiner eigenen Verantwortlichkeit. Durch die Verordnungen und die geplanten weiteren Gesetze wird nicht nur in die Rechte der Hundehalter eingegriffen, sondern in die Rechte aller Bürger wie immer , wenn Grundrechte eingeschränkt werden.

In Hamburg besteht nach Auskunft einiger Bezirksämter die Weisung seitens des Senats, mit aller Härte vorzugehen. Ein "berechtigtes Interesse" soll es nach Möglichkeit nicht geben. Durch diese Weisungen wird das Grundrecht der Verhältnismäßigkeit staatlichen Handelns außer Kraft gesetzt.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet bezogen auf die Hundeverordnungen, dass der Staat nur soweit in die Rechte der Bürger eingreifen darf wie es zur Abwehr drohender Gefahren notwendig und sachdienlich ist. Von einem wohlerzogenen "Kampfhund", der beispielsweise in der Familie eines hohen Regierungsbeamten lebt und der im wesentlichen um seinen Platz auf dem Sofa kämpft, geht keine Gefahr für die Öffentlichkeit aus.

Menschen, insbesondere Kinder, leben in Angst , weil sie für ihr geliebtes vierbeiniges Familienmitglied fürchten müssen. Diese Menschen schützt der Staat nicht.

Bezirksämter und Polizei sollen vor Ort das Unmögliche schaffen und an Hand von Fotos Hunderassen bestimmen Das können nicht einmal Tierärzte. Die Beamten sind mit der Umsetzung der Verordnung hoffnungslos überfordert. Von den Politikern werden sie allein gelassen.

5,4 Millionen DM Steuergelder werden eingesetzt, um in Harburg eine Halle zu bauen, in der die Tiere dann auf ihren sicheren Tod warten dürfen und um einen eigens dafür geschaffenen Hundekontrolldienst zu finanzieren. Für Kindergartenplätze ist kein Geld da.
Aber es geht ja auch gar nicht um Hunde.
Der Vergleich mit Rasselisten anderer Zeiten wird von Politikern und Gerichten als geschmacklos zurückgewiesen. Meine Mandanten jüdischer Abstammung sagten mir, dass sie das wesentlich anders sehen.
Die unsachliche emotionsbestimmte Berichterstattung in den Medien macht das Thema "Kampfhunde" zu einer idealen Maske, hinter der sich gut verstecken lässt was eigentlich abläuft. Aber wir sind nicht blind. Wir sehen, dass es hier um unsere Grundrechte geht und um den Bestand unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung und für die kämpfen wir wie für unsere Hunde.

Rain Marion Oberender, Glückstadt



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