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Der Dobermann - Opfer pubertärer "Hundepsychotinnen"


"Dobies are the girls best friends...." Was zunächst als freie Interpretation eines amerikanischen Oldies aus den 50-ern anmutet, ist im übertragenen Sinne allerdings so nicht ganz richtig. Dobies würden es gerne sein, wenn man sie ließe. "Girlies aren't Dobes best friends!" wäre zwar nicht immer, aber eben oftmals zutreffender.

Wer kennt sie nicht, diese Antwort auf jene Frage, die man einem jungen Mädchen nach seinem liebsten Hobby stellt? Genau! Pferde, Ponies, Reiten. Dieses Phänomen ist vielfach untersucht worden, unter 10 reitsportbegeisterten Jugendlichen befindet sich im Durchschnitt maximal ein Junge. Der Rest: Mädchen, auf der Suche nach dem starken Kuschelpartner, nach der muskelbepackten Schulter, an der sie sich den Kummer über Eltern, Geschwister oder Freunde von der Seele rotzen können. Und: Mädchen, welche die Macht über ein starkes und übermächtiges Lebewesen erlangen. Macht gibt Selbstbewußtsein zurück, gleicht ein Manko an Selbstwertgefühl in diesen schwierigen Zeiten der Gefühlsstürme pubertierender, junger Mädchen wieder aus.

Was der Dobermann damit zu tun hat?

Auf den ersten Blick nicht viel. Auf den zweiten eine Menge!

Der Dobermann hat ein edles und rassiges Erscheinungsbild, vergleichbar mit dem eines englischen Vollblüters, sein Exterieur ist dem eines exclusiven Rennpferdes ähnlich. Hinzu kommt seine vielbesungene Eigenschaft als scharfer, unbestechlicher Wächter. Auch hier tritt der Wunsch nach Beherrschung in Erscheinung - als Ausgleich für mangelndes Selbstbewußtsein. Wenn man schon selbst nicht sonderlich beeindruckend ist, dann eben der Hund. Ein durch zarte Mädchenhand kontrollierbarer Berserker. Das imponiert.

Wer sich mit diesem parallel gelagerten Symptom eine Weile auseinandergesetzt hat, wird zwangsläufig zu dem Schluß kommen, daß sich vornehmlich junge Frauen mit einem (meist schwarzen) vollkupierten Dobermann schmücken und jenen selbstverständlich auch auf Schutzhundeplätzen mehr schlecht als recht nicht aus-, sondern mißbilden. Dobermänner aus dem Tierheim wird man in diesen weiblichen Händen selten bis gar nicht antreffen. Es sind teure Hunde mit mehr oder weniger vielversprechenden Papieren irgendeines Züchters, der nicht an der Qualität seiner Hunde gemessen wird, sondern daran, ob er die erst wenige Wochen alten Welpen nach den Wünschen der künftigen Halterinnen standardgerecht verstümmelt oder nicht.

However: nach dem Erwerb nehmen diese erbarmungswürdigen Schicksale ihren Lauf...........


Bewunderung und Anerkennung

Schön groß und glänzend soll er werden, die Ohren sollen aufmerksam stehen. Abschreckend gefährlich, muskulös und stark muß er sich präsentieren, Pokale auf vielbeklatschten Ausstellungen gewinnen und natürlich auch leistungsbezogen den Halterinnen zum heiß ersehnten Sprung auf das verheißungsvolle Treppchen verhelfen. Die im tristen Alltag ausbleibende Bewunderung und Anerkennung ist zum Greifen nahe, die goldglitzernden Pokale spiegeln sich bereits in den kajalgeschminkten Augen jener zweibeinigen Mendelschen Monstren wieder.

Der liebe Gott gnade denjenigen Dobermännern, die diesen Ansprüchen nicht gerecht werden oder die sich aus einem Trieb der Selbsterhaltung heraus in ihrer Verzweiflung gegen die ihnen widerfahrenen Mißhandlungen zu wehren wagen. Sie werden nur "heiß geliebt", so lange sie die Psychosen der Halterinnen in puncto "Schönheit & Leistung" zu kompensieren in der Lage sind. Andernfalls ist Schluß mit Lustig. Die Zuneigung zum Hund bleibt nicht mal auf der Strecke, denn darauf hat sie sich nie wirklich befunden. Die vormals scheinheilig geleisteten Schwüre auf ewige Treue werden skrupellos und in Sekundenschnelle gebrochen. Heuchelei in Reinkultur - was kümmert sie ihr Geschwätz von gestern.

Wenn es soweit ist, sich das vermeintliche Versagen des jungen Dobermanns offen abzeichnet, muß er (sofern er es tatsächlich noch nicht ist) spontan und sehr schwer krank werden. Herzfehler werden erfunden, Nierenkrankheiten, schlechte Lebern, unheilbare Magenprobleme usw. usf., der morbiden Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zeitgleich wird die Spritze eiskalt aufgezogen. Düstere Ereignisse werfen ihre Schatten voraus.

Die Uhren ticken

In den vergangenen Jahren haben vielfach junge und gesunde Hunde innerhalb dieser Kreise noch nicht einmal das 2., geschweige denn das 3. Lebensjahr erreicht.
In virtuellen Gästebüchern als "harte Schicksalsschläge" pseudohysterisch beweint und tapfer betrauert, werden diese armen Geschöpfe im Glanze ihrer Nachfolger schnell vergessen. Die schaurig-schönen Rainbowbridge-Seiten werden auch nicht mehr angeklickt. Schnee von gestern. Bis die nächste Spritze aufgezogen ist. Dann wird es auch für den Nachfolger bitter ernst, denn sein "Nachruf" ist bereits verfaßt.

Der Glückspilz

Ein Dobermann aus diesen Subkulturen hatte Glück. Dem transparenten Internet ist es zu verdanken, daß er mit Hilfe einiger tatkräftiger Tier- und Dobermannfreunde an seinem bereits vordefinierten Schicksal vorbeigeschlittert ist. Ein junger Dobermann, an dem die körperlichen und seelischen Mißhandlungen nicht spurlos vorübergegangen sind, einige Narben davon wird er zeitlebens behalten. Er jedoch hatte wenigstens die Chance -nein, nun die Sicherheit- ein schönes, hundegerechtes Zuhause und die Liebe zu finden, auf die er (und jeder andere Hund auch) verdammt noch mal: Anspruch hat!

Diese so sensible Hunderasse wird durch die geschilderten “Fankulturen” zu Unrecht in Verruf gebracht. Man könnte das als "imageschädigend", ähnlich wie bei Produktmarken bezeichnen, wenn es nicht um das nackte Leben dieser mißbrauchten Hunde ginge. Das muß aufhören. Irgendwie. Verschweigen wollen, können und werden wir das nicht.

Dortmund, im September 2002
Sabine Winklmann für Dobermann-Hilfe e.V.




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