Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e.V.

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Liebe Hundefreunde!
Uns erreichte per Mail nachfolgende Meldung:


> hallo in die Runde,
> eben ist uns bekannt gemacht worden,
> dass alle Anlage 1 Hunde in Niedersachsen, die bis
> 31.1.2001 noch keinen Wesenstest abgelegt haben,
> vom Ordnungsamt eingezogen werden sollen.
> Auf Nachfrage gab die Leiterin des Ordnungsamt
> Hannover zu, dass dieser Vorgang seit August
> rechtlich geprüft wird.
> Ausgenommen sind die Junghunde, die noch keinen
> Test ablegen müssen.
> Sollte wohl geheim bleiben.


Nach der heutigen Recherche stellt sich der Sachverhalt ein wenig anders dar. Mit Schreiben vom 06.10.00 wendet sich Frau Dr. Gottstein von LwM Niedersachsen an die Tierärztekammer und die Bezirksregierungen Braunschweig, Hannover, Lüneburg, Weser-Ems und teilt diesen mit:

Durchführung der Gefahrtierverordnung (GefTVO); Wesenstest

Für Hunde nach § 1 GefTVO, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der VO bereits gehalten wurden, war nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 GefTVO bis zum 16. Juli der Antrag auf Erteilung der Ausnahmegenehmigung bei der zuständigen Behörde zu stellen. Die Ausnahmegenehmigung kann u. a. nur erteilt werden, wenn der Hund im Wesenstest die Fähigkeit zu sozialem Verhalten bewiesen hat und durch seine Haltung keine Gefahr für Dritte besteht. Um die Ausnahmegenehmigung in einer angemessenen Frist erteilen zu können, ............ wurde in den Durchführungshinweisen für die Vorlage des Gutachtens bei der zuständigen Behörde eine Frist von 6 Monaten nach Antragstellung vorgesehen. Demnach sind bis Februar Januar 2001 (original entnommen) die Wesensteste für Hunde nach § 1 GefTVO durchzuführen.

Hierbei sollte beachtet werden, dass es sich um Duchführungshinweise für die Behörden handelt und nicht um ein Gesetz oder eine Verordnung. Die GefTVO selbst sieht eine solche Fristsetzung für die betroffenen Hundehalter nicht vor!
Des weiteren geht man völlig korrekt davon aus das der Hund durch erfolgreich bestandenem Wesenstest bewiesen hat, dass er keine Gefahr für Dritte darstellt. Womit bitte schön möchte man dann noch die weitergehenden Maßnahmen der GefTVO wie den ständigen Leinen- und Maulkorbzwang bis ans Lebensende, die Kastration und die ausbruchsichere Haltung rechtfertigen? Und vor allem wie, stellt man sich nach einem solchen Ergebnis die Wiedergutmachung des entstandenen Schadens für Tier und Mensch vor?

Weiter heißt es

In Niedersachsen sind 23 Tierärztinnen und Tierärzte berechtigt, den Wesenstest durchzuführen.

Das ist schon korrekt. Jedoch haben die betroffenen Hundehalter, auch wenn man sie noch aufgrund der GefTVO ungerechtfertigter Weise zu diesem Test zwingt, dass Recht darauf, sich den kompetenten Prüfer ihres Vertrauens selbst auszuwählen. (Anmerkung: Uns wurde nämlich auch vom zuständigen Ministerium zugesagt, dass alle hierzu benannten Tierärzte über hierfür notwendige Erfahrungen in der Verhaltenstherapie oder spezielle Kenntnisse in der Verhaltenskunde verfügen. Ob das in allen Fällen auch tatsächlich zutrifft, darüber möchte ich hier keine Beurteilung abgeben.)
Des weiteren ist es für viele betroffene Hundefreunde auch eine Frage der finanziellen Leistungsfähigkeit. Und es kann meines Erachtens niemandem aufgezwungen werden für eine Leistung die doppelte Gebühr zu bezahlen, wenn er an einer anderen Stelle eine sehr kompetente und vertrauenswürdige Arbeit sehr viel preisgünstiger erhält.

Und so geht es weiter

Bei einer Entscheidung über eine Ausnahmegenehmigung nach § 1 GefTVO fließt das Gutachten über den abgelegten Wesenstest mit ein. Um einer Mehrfachvorlage von Gutachten vorzubeugen, ist es unbedingt erforderlich, dass der für die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zuständigen Behörde das Gutachten unverzüglich vorgelegt wird.

Mehrfachvorlage von Gutachten? Wie dürfen wir die gute Dame hier verstehen? Meint sie etwa wir verfügen über zu viel Geld und Zeit, um mit unseren Hunden an zahllosen Wesenstesten teilzunehmen, nur weil es uns Freude bereitet die Behörden durch Vorlage mehrerer Gutachten aus dem Konzept zu bringen?

Und weiter geht's


Daher ist in den Durchführungshinweisen eindeutig festgelegt, dass das Ergebnis des Wesenstestes der zuständigen Behörde entweder direkt vom durchführenden Tierarzt / der durchführenden Stelle mit Einverständnis des Tierhalters zugeliefert wird oder der zuständigen Behörde vom durchführenden Tierarzt / der durchführenden Stelle zumindest die Durchführung als solche und das Ergebnis mitgeteilt werden. Es handelt sich hier um eine befugte Weitergabe von Erkenntnissen. § 203 StGB stellt die unbefugte Weitergabe von Erkenntnissen unter Strafe. An dieser Stelle sei noch einmal auf § 2 Abs. 2 Nr. 5 der Berufsordnung der Tierärztekammer Niedersachsen verwiesen, wonach die Schweigepflicht dann nicht mehr besteht, wenn öffentliche Belange die Bekanntgabe der Feststellung, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit getroffen werden, erforderlich machen.

Sehr geschickt formuliert das Ganze. Sicherlich verstößt es nicht gegen § 203 StGB und der darin geregelten tierärztlichen Schweigepflicht, wenn mit Einverständnis des Tierhalters Auskünfte über das Testergebnis oder die Durchführung des Testes an die Behörde weiter gegeben werden. Verweigert jedoch der Tierhalter sein Einverständnis und entbindet den betreffenden Tierarzt nicht ausdrücklich von seiner Schweigepflicht, dann kann es durchaus schwerwiegende Probleme geben. Sicherlich gibt es Anlässe wie z. B. die befürchtete Ausbreitung von Tierseuchen, die einen Tierarzt verpflichten können seine Schweigepflicht abzulegen und die Behörden entsprechend zu informieren. Die Umstände, die ein solches Vorgehen zulassen sind jedoch sehr eng gefaßt. Ob es in den uns betreffendem Fall zulässig wäre, werden wir in Kürze prüfen lassen.

Ich persönlich würde umgehend meinen Rechtsanwalt um Vertretung meiner Interessen bitten, wenn der Tierarzt meines Vertrauens das Ergebnis über den Wesentestes meines Hundes ohne mein ausdrückliches Einverständnis an die zuständige Behörde weiterleitet.. Die meisten betroffenen niedersächsischen Hundehalter haben von ihrer zuständigen Behörde eh die Aufforderung bekommen, den Termin für den anstehenden Wesenstest in Form der Anmeldebestätigung mitzuteilen. Insofern liegt der Behörde die benötigte Information über die Durchführung schon vor.

Wir haben heute unseren Anwalt gebeten, uns seine juristische Einschätzung zum Inhalt des o. g. Schreibens schriftlich darzulegen. Das Ergebnis werden wir innerhalb der nächsten Tage auf unserer Homepage veröffentlichen.

Bis dahin möchten wir alle betroffenen Hundehalter um Besonnenheit bitten. Niemand spricht davon die Hunde einzuziehen und es gibt hierfür auch keine rechtliche Handhabe. Sofern von den zuständigen Behörden derartige Drohungen ausgesprochen werden, wenden Sie sich bitte umgehend an einen kompetenten Rechtsanwalt Ihres Vertrauens. Sollte Ihnen für diesen Fall keiner zur Verfügung stehen, werden wir Ihnen gerne mit einer entsprechenden Adresse weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Henkenjohann
Verein gegen die Diskriminierung von Hund und Halter e. V.




RECHTSANWALT MARTIN HANSKE
Rathenaustraße 15, 30159 Hannover, Tel.: 0511/32 22 22
Fax: 0511132 22 23
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Stadtsparkasse Hannover (BLZ 260 501 80) Kto?Nr: 470 260

Rechtsanwalt Martin Hanske. Rathenaustraße 15. 30159 Hannover
142MOHW
Gerichtsfach 126


Herrn
Thomas Henkenjohann

Binnersweg 1
26954 Nordenham

Vorgang
an/bes-110/00 H08

Henkenjohann; Gefahrtier

Datum
30. 10./01.11 2000


Ihr Zeichen         Ihr Schreiben v.

Sehr geehrter Herr Henkenjohann,

bei dem vom Landwirtschaftsministerium an die Bezirksregierungen und den Tierschutzdienst Niedersachsen bei der Bezirksregierung Weser?Ems gesandten Schreiben zur Durchführung der Gefahrtierverordnung (GefTVO) vom 06.10.2000 handelt es sich um eine verwaltungsinterne Anweisung des übergeordneten Ministeriums an die untergeordneten Behörden der Bezirksregierungen.

Die in diesem Schreiben gemachten Auflagen entfalten keine Außenrechtswirkung. Dies bedeutet, dass die angeschriebenen Behörden zwar gehalten sind, die im Schreiben des Landwirtschaftsministeriums gemachten Auflagen zu erfüllen. Die Behörden der Bezirksregierungen müssen daher darauf achten, dass Termine für die Durchführung des Wesenstests nach den oben genannten Vorgaben vergeben werden. Sofern die entsprechenden Behörden dies nicht berücksichtigen sollten, kann allenfalls gegen diese verwaltungsintern durch das Landwirtschaftsministerium vorgegangen werden. Für den einzelnen Hundehalter, der eine Ausnahmegenehmigung für das Halten seines Hundes gemäß § 1 Abs. 2 der GefTVO benötigt, ergeben sich hierdurch jedoch keine rechtlichen Konsequenzen, da es sich, wie bereits gesagt, nicht um eine Anweisung mit Außenrechtscharakter handelt.

Aus der Verordnung geht ferner nicht hervor, dass der Hundehalter den Wesenstest innerhalb einer bestimmten Zeit zu absolvieren hat. Insofern kann durch Überschreitung der genannten Frist von 6 Monaten auch kein Verstoß gegen die GefTVO begründet werden. Im übrigen kann einem Hundehalter auch nicht aufgegeben werden, bei welcher Stelle (TiHo, Tierarzt) er den Wesenstest zu absolvieren hat, da dies in der Verordnung selbst nicht geregelt ist. Die Behörden haben somit zwar darauf zu achten, dass die Wesensteste innerhalb der vom Landwirtschaftsministerium genannten Frist für Hunde der Hunderassen gemäß § 1 der GefTVO durchgeführt werden. Für den Hundehalter selbst entsteht jedoch aufgrund des Schreibens des Landwirtschaftsministeriums keine Rechtspflicht, seinen Hund innerhalb der Frist von 6 Monaten dem Wesenstest zu unterziehen.

Weiterhin werden in dem Erlass des Landwirtschaftsministeriums vom 06.10.2000 die den Wesenstest durchführenden Tierärzte aufgefordert, zumindest das Ergebnis des durchgeführten Wesenstests der zuständigen Behörde unverzüglich mitzuteilen. Das Landwirtschaftsministerium führt aus, dass es sich hierbei um eine befugte Weitergabe von Erkenntnissen handele, der § 203 StGB nicht entgegenstünde.

Hierzu ist festzustellen, dass ein Verstoß gegen § 203 StGB nur dann nicht vorliegt, wenn der Tierhalter tatsächlich sein Einverständnis zur Weitergabe der Informationen über den durchgeführten Wesenstest gegeben hat. Hierzu besteht jedoch keinerlei gesetzliche Verpflichtung des Hundehalters.

Sofern das Einverständnis des Hundehalters nicht vorliegt, würde eine Weitergabe durch den Wesenstest durchführenden Tierarzt einen Verstoß gegen § 203 StGB bedeuten, da dieser dann unbefugt ein fremdes Geheimnis offenbaren würde, welches ihm als Tierarzt bekannt geworden wäre. Geschütztes Rechtsgut des § 203 StGB ist der persönliche Lebens? und Geheimbereich, der im Individualinteresse des Betroffenen gerade von Trägern solcher sozial bedeutsamer Berufe nicht verletzt werden soll, denen der einzelne sich weitgehend anvertrauen muss. Es geht hierbei nicht um die ungestörte Ausübung der in § 203 Abs. 1 StGB genannten Berufe, sondern um das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG), welches auch das verfassungsrechtlich gesicherte "Recht auf informationelle Selbstbestimmung" einschließt. Dieses gibt dem einzelnen das Recht, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden dürfen.

Ein Verstoß gegen § 203 StGB kann auch nicht dadurch legitimiert werden, dass gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 5 der Berufsordnung der Tierärztekammer Niedersachsen die Schweigepflicht dann nicht mehr bestehen soll, wenn öffentliche Belange die Bekanntgabe der Feststellung, die im Rahmen der beruflichen Tätigkeit getroffen wurde, erforderlich machen. Die Offenbarung eines Berufsgeheimnissen kann zwar im einzelnen Fall geboten sein, hierbei ist jedoch nach den Grundsätzen der Pflichtenkollision abzuwägen, ob die Pflicht zum Schweigen oder die zum offenbaren die höhere ist.

im Fall der Durchführung des Wesenstests kollidiert das Interesse der Behörden an einer umfassenden Information mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Ein Eingriff in dieses Grundrecht könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn dies Gründe des Allgemeinwohls dringend erforderlich machten. Die Nichtmitteilung über Durchführung und Ergebnis des Wesenstests einzelner Hunde kann keine so konkrete Gefährdung des Allgemeinwohls darstellen, dass ein Grundrechtseingriff gerechtfertigt wäre. Dies dürfte auch gelten, wenn ein Hund der in § 1 GefTVO genannten Hunderassen den Wesenstest nicht bestanden haben sollte denn auch dann Ist er im allgemeinen durchaus therapierbar, so dass durch die Nichtmitteilung der Durchführung und den Ergebnissen des Wesenstests keine konkrete Gefahr für die Allgemeinheit entstünde. Allenfalls bei einem Hund, der sich als so aggressiv herausgestellt hat, dass die Tötung desselben unumgänglich wäre, könnte die Weitergabe des Testergebnisses an die zuständige Behörde auch ohne Einverständnis des Hundehalters gerechtfertigt sein.

Mit freundlichen Grüßen

Nielsen
Rechtsanwältin


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