Hund und Halter e.V.

Übersicht

zurück


Landkreis Wesermarsch
Fachdienst für Veterinärwesen
und Lebensmittelüberwachung
z. Hd. Herrn Dr. Altmann


Vorläufige Ausnahmegenehmigung zum weiteren Halten meines Hundes der Rasse American Staffordshire Terrier / Mein Antrag vom 07.07.2000

Sehr geehrter Herr Dr. Altmann,

gegen den o. g. Bescheid erhebe ich hiermit insofern Widerspruch, als dass er die weitere Haltung meines Tieres von bestimmten Restriktionen abhängig macht, die einer artgerechten und dem Tierschutzgesetz (§§ 1, 2, 6 und 17) gebührenden Haltung / Behandlung widersprechen. Aufgrund der Niedersächsischen GefTVO werde ich gezwungen, sofern ich mein Tier nicht verlieren möchte, gegen die zuvor benannte Bundesgesetzgebung zu verstoßen. Hieraus resultiert wiederum, dass mir, sofern es zu einer Strafverfolgung und einer entsprechenden Bestrafung kommt, die Voraussetzung der persönlichen Eignung (Zuverlässigkeit) § 1 Abs. 2 Nr. 3 nicht zuerkannt werden kann. Aus diesem Grund beantrage ich hiermit die Erlaubnis zum Verstoß gegen das Tierschutzgesetz §§ 1, 2, 6 und §17. Weiterhin beantrage ich eine umgehende Überprüfung (Wesenstest) meines Tieres.

Begründung

Zu Punkt 2, Seite 1: Ab sofort besteht für das o. g. Tier ein Maulkorb- und Leinenzwang beim Verlassen der Wohnung bzw. des eigenen ausbruchsicheren Grundstücks.

Das Halten eines Hundes unter den oben geforderten Bedingungen verstößt gegen §§ 1, 2 Abs. 1 u. 2 sowie §17 des Tierschutzgesetzes. Das ständige Tragen eines Maulkorbes macht die artgemäße Kontaktaufnahme unmöglich. Die hierdurch eingeschränkte Mimik des Hundes wird zwangsläufig Mißverständnisse hervorrufen, wodurch Aggressionen und Konflikte begünstigt werden. Mein derartig gesichertes Tier wird sich vor Übergriffen freilaufender aggressiver Hunde nicht wehren können. Abgesehen hiervon werde auch ich gezwungen sein, mich selbst aufgrund dieser Haltungsbedingungen unweigerlich einer erheblichen Gefahr auszusetzen. Denn ich werde mein derartig gesichertes und hierdurch zur Selbstverteidigung unfähiges Tier, vor Angriffen aggressiver Artgenossen schützen müssen.

Auch werde ich meinen Hund nicht mehr die artgemäße Bewegung verschaffen können. Der Hund ist naturgemäß ein Traber. Eine dementsprechende Bewegung kann ich ihm lediglich am Fahrrad oder im Spiel mit anderen Hunden verschaffen. Jedoch wird es ihm durch das Tragen eines Maulkorbes unmöglich gemacht, den hierfür erforderlichen und einzigen Körpertemperaturausgleich eines Hundes durch das artgemäße Hecheln zu erreichen. Jeder Hund, der in seinem artgemäßen Verhalten derartig beschnitten wird, sich mit Sozialpartnern nicht mehr auseinandersetzen darf, wird sich zwangsläufig zum sozial unsicheren, wenn nicht sogar zum sozial deprivierten Tier entwickeln. Aufgrund dieser Zustände muß ich befürchten, dass sich das Verhalten meines jetzt noch sozialverträglichen und ungefährlichen Hundes, in nicht als zu langer Zeit negativ entwickelt und er die Kriterien des Wesenstestes nicht mehr erfüllen kann. Aus diesem Grund beantrage ich, wie schon oben erwähnt, auch eine umgehende Wesensüberprüfung meines Tieres.

Punkt 3, Seite 1: Außerhalb Ihrer Wohnung bzw. des ausbruchsicheren Grundstücks dürfen Sie das Tier nur selbst führen oder es Personen überlassen, die ihre Sachkunde bewiesen haben.

Punkt 4, Seite 1: Diese Genehmigung ist ständig mitzuführen und berechtigten Personen auf Verlangen zu zeigen bzw. auszuhändigen.

Punkt 1, Seite 2: Für die noch auszustellende Ausnahmegenehmigung benötige ich von Ihnen ein Führungszeugnis. Ich empfehle Ihnen, dieses umgehend bei Ihrer Stadt/Gemeindeverwaltung zu beantragen.

Punkt 3, Seite 2: Die Kosten für diese vorläufige Erlaubnis stelle ich nicht gesondert in Rechnung, sie werden mit dem in Kürze zu erwartenden Bescheid erhoben.

Durch die vorgenannten Punkte werden mir für die Erstellung einer Umzäunung, den Nachweis der Sachkunde mindestens 2fach, die Beantragung des Führungszeugnisses und der Ausnahmegenehmigung sowie für den Wesenstest Kosten auferlegt, die einen ungerechtfertigten Eingriff in meine Vermögensverhältnisse darstellen. Weiterhin werde ich durch die Niedersächsische GefTVO in meinen Grundrechten eingeschränkt. Insbesondere ergeben sich für mich aus der GefTVO und den hieraus resultierenden und u. a. vorstehend aufgeführten Auflagen unannehmbare Einschränkungen des Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG und hieraus abgeleitet ergibt sich meines Erachtens ein Verstoß gegen Art. 19.8 Abs. 2 GG.

Weiterhin ergibt sich aus der Niedersächsischen GefTVO § 1 Abs. 4 ein weiterer Verstoß gegen das Tierschutzgesetz § 6 Abs. 1 wonach es verboten ist, einem Wirbeltier Körperteile vollständig oder teilweise zu amputieren oder Organe vollständig oder teilweise zu Entnehmen oder zu zerstören. Auch aufgrund dieser Maßnahme werden mir, wie schon oben geschildert, Kosten auferlegt, die einen ungerechtfertigten Eingriff in meine Vermögensverhältnisse darstellen.

Die Niedersächsische GefTVO basiert nicht auf wissenschaftliche Erkenntnisse, lediglich auf Vermutungen. Es existieren keine gesicherten Beweise, aus denen sich eine tatsächliche Gefährlichkeit eines jeden einzelnen Tieres der benannten Hunderassen ableiten läßt. Es ist bisher nicht einmal durch wissenschaftliche Schätzverfahren erfaßt worden, inwieweit erbliche Faktoren für übersteigertes Aggressionsverhalten bei Hunden verantwortlich gemacht werden können. Hierdurch fehlt es meines Erachtens an der erforderlichen Rechtsgrundlage, um derartige, sich aus der GefTVO ergebende, Zwangsmaßnahmen zu rechtfertigen.

Seit über 17 Jahren halte ich Hunde der Rassen, die heute in der Kategorie 1 und 2 der Niedersächsischen GefTVO ungerechtfertigter Weise als gefährlich bezeichnet werden, ohne jegliche Vorfälle und ohne jemals ordnungsrechtlich mit meinen Tieren in Erscheinung getreten zu sein. Dies sollte ausreichend Zeugnis gegen die Vermutung der pauschalen Gefährlichkeit der stigmatisierten Hunderassen, sowie für meine Seriosität und Sachkunde sein.

Die Erfahrungen im Inland sowie im Ausland wie z. B. in Frankfurt, Brandenburg, Frankreich und Holland zeigen deutlich, dass Rassenkataloge die Anzahl der Vorfälle mit Hunden nicht einmal geringfügig verringert haben. Auch der rassespezifischen Verordnung des Bundeslandes Bayern fehlt es immer noch an dem erforderlichen Zahlenmaterial, um den angeblichen Erfolg zu belegen. Sehr fragwürdig erscheint mir auch die unterschiedliche Zusammenstellung der Rassenkataloge. Betrachtet man die unterschiedlichen Rassenkataloge, so scheint es sich ganz offensichtlich um eine regionale Gefährlichkeit der einzelnen Hunde(rassen) zu handeln. Jedes Bundesland und auch das Ausland wie z. B. Frankreich, Holland, Spanien, England etc. erstellt seine eigenen und von einander abweichenden Rassenlisten. Ein weiterer Beweis für die nicht rassespezifische Gefährlichkeit.

Mit freundlichen Grüßen


Thomas Henkenjohann




Übersicht

zurück