Hund und Halter e.V.

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ALBRECHT STAHL
Rechtsanwalt

Offener Brief an
Georg Gafron
Chefredakteur von BZ,
Hundert,6 und TV-Berlin


  ALBRECHT STAHL
Mommsenstraße 43
10629 Berlin

(0 30) 327990-0
FAX(0 30) 327990-20

Internet:www.ra-stahl.de
privat

3. Februar 2001



Ihr Gastkommentar zum Beförderungsverbot für Bürger mit "Kampfhunden" in Sat1

Sehr geehrter Herr Gafron,

"Berlins Kampfhundebesitzer sind stinksauer!"

Mit diesem Satz begannen Sie Ihren Gastkommentar in Ihrer Eigenschaft als Chefredakeur der BZ in Sat 1 diese Woche.

Ich halte es für erforderlich, Ihnen hierzu meine Meinung mitzuteilen:

Sie übernehmen kritiklos den Begriff Kampfhunde, den noch nicht einmal der Gesetzgeber so verwendet. Abgesehen davon, daß es "den" Kampfhund in dieser Pauschalität nicht gibt, schüren Sie mit diesem unreflektiert verwendeten Begriff die Angst derjenigen, die im Umgang mit Hunden völlig unbewandert sind.

  • "...immer dann, wenn die Hundebesitzer ihren gefährlichen Hund dabeihaben, zeigt ihnen die Berliner S- und U-Bahn die rote Karte. Auch Maulkorb und Leine können hieran nichts ändern. Die Sicherheit der Fahrgäste geht vor."

    Sie pauschalieren schon wieder: die Hunde, die in Berlin geführt werden dürfen, ha-ben Tests hinter sich und sind amtlich als "nicht gefährlich" anerkannt, auch die Halter sind amtlich überprüft auf Zuverlässigkeit und straffreies Vorleben!

    Nichts gegen die Sicherheit der Fahrgäste! Aber vielleicht wäre manch farbiger Mit-bürger schon einmal ganz froh über die Anwesenheit eines solchen Hundes gewe-sen! Im übrigen ist seitens der Unternehmen des Verkehrsverbundes noch nicht ein Fall bekannt, der zur Begründung der jetzt geänderten Beförderungsbedingungen herhalten kann. Sie sind - wie ich auch - Mitglied der CDU. Verlassen Sie also nicht den Boden der Rechtsstaatlichkeit: Der Verkehrsverbund, mithin auch BVG, S-Bahn, hat eine gesetzlich garantierte Beförderungspflicht. Wenn schon dem hundehaltenden Bürger gewisse Pflichten ( Negativbescheinigung für den Hund, Sachkundenachweis, Maulkorb für den Hund und Anleinpflicht) auferlegt werden, ist schlicht nicht mehr nachvollziehbar, weshalb Bürger dieses Landes mit "ausgezählten" Hunden nicht mehr mit öffentlichen Verkehrmitteln fahren dürfen.

  • "..immer wieder fühlen sich die Tiere in der Enge eines Waggons bedrängt, knurren und fletschen mit den Zähnen. Das ist unangenehm, und für manche ein Grund, die öffentlichen Verkehrsmittel nicht mehr zu benutzen.."

    Herr Gafron - im Ernst - wissen Sie eigentlich worüber Sie reden? Woher haben Sie diese Weisheiten? Waren Sie dabei, gibt es Erhebungen,...? Ich fahre nicht oft, aber doch ab und zu mit der U-Bahn. Bislang hat mich ein Hund noch nie gestört. Es stören laute Musik aus dem Walkman, Betrunkene und (verwahrloste, ungewaschene) Per-sonen, bei denen "vermutet" werden könnte, daß sie an TBC oder sonstigen anste-ckenden Krankheiten leiden (im Konjuntiv ist bekanntlich alles möglich!). Von letzteren ginge doch wohl dann offensichtlich eine ernsthafte Gefahr für die "öffentliche Sicher-heit und Ordnung" und Gesundheit aus. Sie sollten konsequenter Weise nach Ihrer Ansicht auch von der Beförderung ausgeschlossen werden, denn die Sicherheit der Fahrgäste (welcher?) geht vor. Na dann mal los! Und übrigens: zerkratzen die Hunde die Scheiben, besprühen oder zerschneiden die Hunde die Sitzbänke, Wände pp.?

  • "für den einzelnen gesehen mag das schlimm sein, doch der Schutz der Allge-meinheit geht vor. Niemand ist gezwungen, eine Hund zu halten, der jederzeit zur unkontrollierbaren Waffe werden kann."

    Vielen Dank auch für so viel Mitgefühl, die Kirche sollte jedoch schon im Dorf bleiben! Die Haltung solcher Hunde ist nicht verboten, sie ist lediglich - wenn auch rechtsstaatlich nicht nur bedenklich - durch Hundeverordnungen restriktiv geregelt. Wir wollen es nicht so weit kommen lassen, daß Gesellschaft, Medien, Kommentatoren und von uns allen subventionierte Verkehrsbetriebe im Verein mit der Politik hier so weit gehen, dem Einzelnen entgegen der Rechtsordnung vorzuschreiben, was er darf und was nicht. Zu den grundgesetzlich geschützten Rechtsgütern gehört das Persönlichkeitsrecht und die allgemeine Handlungsfreiheit. Also kann, wenn im Einklang mit den derzeitigen Gesetzen und Hundeverordnungen, ein solcher Hund gehalten werden und der Halter hat auch Anspruch auf Beförderung in öffentlichen Verkehrsmittel

  • "..die Halter der zwölf als agressiv eingestuften Beißer fühlen sich ganz klar diskriminiert, für manche von ihnen bedeutet dies sogar den Verlust der Mobili-tät in der Riesenstadt Berlin...",

    Niemand ist gezwungen, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, aber viele Hundehal-ter sind darauf angewiesen. Öffentlicher Nahverkehr ist Daseinsfürsorge und zudem in Berlin und Brandenburg ausschließlich öffentlich-monopolistisch organisiert. Die Haltung der Verkehrsbetriebe verstößt gegen geltendes deutsches Recht, im übrigen auch gegen EU-Richtlinien. Die Halter der inkriminierten Hunde fühlen sich also nicht diskriminiert, sie sind es. Diskriminiert fühlen sich übrigens nahezu alle Hundebesit-zer, da jegliche Hunde, die allemal größer als eine Katze und nicht als Handgepäck mit sich zu führen sind - künftig nur noch mit Maulkorb in Bussen und Bahnen mitge-nommen werden dürfen!
Zum Schluß noch persönliches an die Sie und die Medien:

Es ist nicht primäre Aufgabe der Medien, die Gesellschaft zu spalten sondern zu informie-ren. Sie soll so informieren, daß die Gesellschaft sich selbst ein Bild machen kann. Pres-se und Medien dürfen nach guter Recherche ihre Meinung äußern, nicht jedoch darauf loszureden oder loszuschreiben. In Ihrem Falle kann aber ersichtlich von Recherche kei-ne Rede sein, ebensowenig von hinreichender Information. Man mag dies bedauern, a-ber niemand ist andererseits "gezwungen", BZ zu lesen, "Einhunder,6" zu hören und tvb zu sehen - oder etwa nicht?

Sie vermitteln ferner den Eindruck, die Halter angeblich gefährlicher Hunde seien Under-dogs, Arbeitslose und sonstige nicht gerne gelittene Personen in dieser Gesellschaft. Es sind Gerichtspräsidenten, Richter, Zahnärzte, Kaufleute, Vorsitzende von Aufsichtsräten und Vorständen großer deutscher Unternehmen und beispielsweise Frau Dr. Oetker, die sich durch eine solche Meinungsmache auf den "Schlips" getreten fühlen. Sie reden an-sonsten viel und richtig über angeblich fehlendes Verständnis für mehr Toleranz der Menschen untereinander. Sie tragen mit Ihren gerade hier kritisierten Äußerungen nicht gerade zu einem besseren Verständnis der Menschen untereinander bei.

Also: Ich finde Sie sollten sich bessern und objektiver sein, Sie haben das Zeug dazu!

Mich treibt im übrigen nicht die persönliche Betroffenheit, ich habe keinen Hund der rich-tig betroffenen Art, ich halte die Art und Weise des Umgangs mit den betroffenen Hunde-haltern jedoch für unerträglich und deshalb äußere ich mich.

Mit freundlichen Grüßen


Albrecht Stahl

als Bürger und Mitglied der CDU





Vor- und Nachwort für die nachfolgenden Empfänger:

Die mit · gekennzeichneten Passagen (fettgedruckt) sind Bestandteil des Kommentars von G.Gafron in dem Gastkommentar von Sat1.

Zum Thema erlaube ich mir folgende Bemerkungen:

Aus der Berichterstattung der von mir wahrgenommenen Berliner Presse war zu entnehmen, daß der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg die Beförderungsbedingungen zum Nachteil einer Vielzahl von Hundehaltern abgeändert und zum Teil Beförderungsverbote aufgenommen hat. Der für Berlin verantwortliche Senator Strieder hält sich zurück und läßt verlauten, er stehe hinter den neuen Bedingungen, aber es sei zunächst eine Angelegenheit des Verkehrsverbundes. Senatorin Schöttler hält die ohne aktuellen Anlaß eingeführten Änderungen für überzogen.

Die politischen Entscheidungsträger scheinen also außer Stande zu sein, die Verkehrsbetriebe in die Schranken zu weisen. Dies ist unterträglich. Der rechtswidrige Ausschluß von ganzen Bevölkerungskreisen von öffentlichen Verkehrsmitteln unter Mißachtung der Beförderungpflicht ist für mich Anlaß zu protestieren und von meinem Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch zu machen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung äußerte im Zusammenhang mit dem von Bundestag und Bundesrat verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung der Einfuhr von gefährlichen Hunden sinngemäß: In diesem Lande ist eine Ministerin wegen der Gesetzgebung zum Lauschangriff (Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberg sic.) zurückgetreten. Es wundert, mit welcher Laxheit ohne öffentliche Diskussion das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung im Zusammenhang mit der Kampfhundeproblematik aufgegeben wird.

Wörtlich: "Vielleicht weckt das die schlafenden Hunde."

Da alle noch schlafen ob Schily´s und anderer Politiker Taten, äußere ich mich und verteile die Nachricht wie folgt:

·    Frankfurter Allgemeine Zeitung
·    Süddeutsche Zeitung
·    Die Zeit
·    Der Spiegel
·    Focus
·    Tagesspiegel
·    Süddeutsche Zeitung
·    Berliner Zeitung
·    TAZ
·    Bild-Zeitung
·    BZ
·    Berliner Morgenpost


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