Hund und Halter e.V.

Übersicht

zurück



Widerspruch gegen "Kampfhunde-Steuerbescheide"



Download als Worddokument





Dr. Klaus A r e n s


Fon: 0211 / 305 777                                                              40217 Düsseldorf, den 08. 01. 2001
Fax: 0211 / 305 965   Kronprinzenstr. 81


Email: Dr.Klaus.Arens@t-online.de

EINSCHREIBEN                                                KOPIEN

An den Oberbürgermeister   An den Regierungspräsidenten
Steueramt / Amt 22  

An den Justizminister
40200 Düsseldorf    


Betr.: Hundesteuer-Heranziehungsbescheide vom 13. 12. 2000 und 03. 01 2001 Buchungsstelle 190 - 604 - 2

Bezug: Mein Einspruch vom 19.12 2000 / Ihre "Informationen über Hundesteuersatzung"

Sehr geehrte Damen und Herren,

  1. gegen die o.g. "Kampfhunde-Steuerbescheide" lege ich Widerspruch ein.Die Ihnen erteilte Abbuchungsermächtigung wird widerrufen, soweit damitein Einzug über den normalen Hundesteuersatz hinaus verbunden ist.

  2. Gleichzeitig beantrage ich die Aussetzung des Vollzuges bis zum Vorliegen einesrechtskräftigen Gerichtsentscheids unter Hinweis auf das Urteil des BVerfG vom21. 02. 61 - AZ. 1 BvR 314 / 60

  3. Gegen die Ablehnung meines Widerspruchs werde ich klagen und wegen dergrundsätzlichen Bedeutung höchstrichterliche Entscheidungen anstreben.Gegen die Ablehnung einer Aussetzung des Vollzuges würde ich eine einstweiligegerichtliche Verfügung erwirken.
Wenn ich mich hier nicht darauf beschränke, weitere Begründungen den Klagen vorzubehalten und in dieser Instanz nur kurz auf mein Schreiben vom 19. 12. 2000 zu verweisen, dann geschieht dies aus zwei Gründen. Erstens soll hiermit der Sachverhalt für die unvermeidlich folgenden rechtlichen und dienstlichen Verfahren einmalig fixiert werden. Zweitens werde ich den Widerspruch veröffentlichen, um andere betroffene Hundehalter auf diesem Weg über ihre Rechte gegenüber verfassungswidrigen Verwaltungsmaßnahmen zu informieren. Das scheint erforderlich, weil nach den Erfahrungen der letzten 6 Monate viele Halter verzweifelt und ungenügend informiert - leider auch von den offiziellen Hundeverbänden - unsinnige behördliche Auflagen erfüllen und dafür ebenso unsinnige Ausgaben tätigen. Es ist leicht vorhersehbar, dass durch die für viele Familien untragbare steuerliche Belastung nunmehr zahlreiche "Kampfhunde" aus 42 Rassen und ihren Mischlingen ausgesetzt und damit wirklich unkontrollierbar und gefährlich werden, denn alle Tierheime sind längst völlig überfüllt. Die Verantwortung für daraus entstehende Angriffe auf Menschen und Tiere und / oder Tötung von sonst unauffälligen und gesunden Hunden tragen allein Gemeinde- Verwaltungen, die vermeintlich sprudelnde neue Geldquellen anzapfen möchten.

Laut erst dem neuen Bescheid nun beiliegendem "Informationsblatt über die Änderung der Hundesteuersatzung der Landeshauptstadt Düsseldorf" hat der Rat der Stadt am 21. 09. 2000 mit Wirkung zum 01. 10. 2000 die sogenannte "Kampfhundesteuer" eingeführt. Als "Kampfhunde" werden 42 in den Anlagen 1 und 2 zur LHV NRW gelistete Rassen definiert. Sollten Halter von Hunden der Anlage 2 nachweisen "dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist, so kann auf Antrag die Einordnung als Kampfhund mit steuerlicher Wirkung unterbleiben"

Auf dieser Basis beträgt die jährliche Hundesteuer in Düsseldorf

bei einem Hund DM 240,-
bei zwei Hunden DM 300,- je Hund
bei drei oder mehr Hunden DM 360,- je Hund
bei einem Kampfhund DM 1.200,- je Hund
bei zwei oder mehr Kampfhunden DM 1.800,- je Hund
Für meine zwei Hunde der Rasse Kuvasz ergibt sich daraus eine Nachforderung über DM 900,- für das Jahr 2000 und eine neue Forderung von DM 3.600,- für das Jahr 2001, somit eine Mehrbelastung von DM 3.750,- gegenüber dem normalen Hundesteuersatz

Die Differenz von DM 1.500,- je Hund und Jahr resultiert allein daraus, dass ein offenbar völlig unfähiges Ministerium in krassem Gegensatz zu den Artikeln 1, 3, 19, 20, 28, 31 und 33 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland seit dem Juli 2000 willkürlich, pauschal und abweichend von anderen Bundesländern durch ministerielle Verordnung 42 Rassen und ihre Mischlinge zu "Kampfhunden" erklärt, ganz unabhängig vom Zeitpunkt ihrer Geburt und Anschaffung oder individueller Auffälligkeit. Gleichzeitig werden den Haltern solcher Hunde Auflagen erteilt, die in klarem Gegensatz zu geltendem übergeordneten Recht stehen. Die Fundstelle für entsprechende Gesetzestexte ist - ganz besonders pikant - die Internetseite der Landesregierung: www.nrw.de Für Behördenangestellte zusätzlich empfehlenswert wäre das Studium des Art. 34 GG - Haftung bei Amtspflichtverletzungen.

Durch Versagen der Ordnungsbehörden in Gladbeck und Hamburg kam es im Jahre 2000 zu 2 (zwei) unentschuldbaren Todesfällen durch Hundeangriffe in Deutschland - gegenüber mehr als 7500 bzw. 3000 Todesfällen im Straßenverkehr und durch Drogen. Über Verletzungen und Kosten in diesen drei Bereichen existieren (noch) keine amtlichen Statistiken. Statt die wenigen schuldigen Hundehalter und verantwortlichen Behörden nach geltendem und ausreichendem Recht gezielt zu belangen, überboten sich die Medien in einer allgemeinen Hetze gegen "Kampfhunde" und die Politiker "unter öffentlichem Druck" in einer Flut hysterischer Verordnungen ohne Rücksicht auf Grundgesetz und übergeordnetes Recht. Nur in diesem Rahmen sind die Landeshundeverordnung NRW und die "Kampfhundesteuer" des Rates der Stadt Düsseldorf zu verstehen.

Zum Thema LHV NRW ist in der Anlage die Presseerklärung der von den Landtags- Fraktionen der SPD, Grünen und FDP eingeladenen Experten vom 28. September 2000 beigefügt. Auf meine der Stadt vorliegende Klage vor dem Verwaltungsgericht wird verwiesen. Weitere rechtliche und politische Schritte sind oder werden eingeleitet.

Die Stadtverwaltung Düsseldorf interpretiert in Antwort auf eingegangene Beschwerden die LHV als "geltendes Recht". Dies mag eine Vereinfachung und Arbeitserleichterung für ihre Behörden bedeuten, widerspricht allerdings dem Grundgesetz, den verbindlichen Rechtsgrundsätzen von Gleichheit, Verhältnismässigkeit und Angemessenheit und damit höchstrichterlicher Rechtsprechung.

In einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 21. Februar 1961 mit dem AZ -1 BvR 314/60- (veröffentlicht im 12. Band der amtlichen Sammlung unter Nr. 21 auf den Seiten 180 bis 200) ist wörtlich ausgeführt: " denn auch die vollziehende Gewalt ist nach Art. 20, Abs. 3, Art.1 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht, insbesondere an die Grundrechte gebunden. Aus dem Prinzip der Gewaltenteilung ................... folgt nichts anderes. Der Grundsatz der Gewaltenteilung wird durch die wechselseitige Kontrolle der Gewalten ergänzt: er zwingt nicht zum Vollzug eines Gesetzes, das wahrscheinlich für nichtig erklärt werden muß."

Mit dieser Argumentation wird selbstverständlich erst recht die Berufung auf eine ministerielle Verordnung hinfällig, die im Rang eindeutig hinter Grundgesetz, sowie den ihr übergeordneten Bundes- und Landesgesetzen zurücksteht. Die neue LHV in NRW widerspricht mit Auflagen für bislang niemals ordnungsbehördlich aufgefallene Halter von völlig willkürlich und unterschiedlich zu allen anderen Bundesländern aufgeführten 42 Rassen und ihren Mischlingen bereits auch für Laien erkennbar dem Gleichheitsgebot nach Art. 3 GG. Wenn die oben mit den Worten seines höchsten Gerichts zitierten Grundsätze eines demokratischen Rechtsstaates bei einigen Gemeindeverwaltungen inzwischen schon in Vergessenheit geraten sein sollten gegenüber der Willkür von Politikern, die eigene Profilierung an Verfassung und Gesetzgebung vorbei auf dem bequemen Verordnungsweg betreiben möchten, dann wäre die nachhaltige Erinnerung hieran sicher empfehlenswert. Denn danach ist es sehr wohl die klare Pflicht der Exekutive, den Vollzug untergeordneter Verordnungen auszusetzen, wenn diese offensichtlich gegen Grundrechte verstoßen und "wahrscheinlich für nichtig erklärt werden müssen". Möglicherweise ließen sich mit der eigentlich selbstverständlichen Befolgung des Grundgesetzes und der oben zitierten Entscheidung des BVerfG Arbeitskraft, Zeit und Geld sinnvolleren Zwecken zuführen.

Gleiches gilt für den rechtlich, faktisch und logisch absurden Nachweis, "dass eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist" durch die stolz verkündete "Umkehr der Beweislast" - nur für die Halter der willkürlich aufgeführter Rassen. Abgesehen von der damit versuchten Pervertierung unseres gesamten Rechtssystems geht von jedem Tier (also auch von z.B. Katzen, Gänsen, Schafen oder Pferden usw.) nach übergeordnetem Recht eine abstrakte Gefahr aus. (§ 823 ff. BGB) "Wesensteste" mit daran geknüpften Folgerungen wären nach Art. 33, Abs. 3 GG eindeutig hoheitsrechtliche Aufgaben, welche ausschließlich von dafür ganz speziell qualifizierten Angehörigen des öffentlichen Dienstes (z.B. Amtsveterinären) ausgeübt werden dürften, deren Zahl und Zeit für anstehende Massentestungen aber sicher nicht ausreichen. Um über das zu erwartende Verwaltungschaos hinwegzutäuschen, wurden VDH und angeschlossene Zuchtverbände vom Ministerium zur Durchführung von Verhaltenstesten ermächtigt - eine rechtlich nichtige und wertlose Verfügung, weil private Institutionen hierzu allenfalls durch Gesetze berufen werden könnten, die aber bisher weder im Bund noch in den Ländern existieren.

Mit ausdrücklicher Berufung auf die neue LHV wird auch ein Rückgriff auf das Urteil des BVerwG vom 19. Januar 2000 hinfällig, welches nach der Rechtslage von 1995 den Gemeinden einen Ermessensspielraum bei der Erstellung von Rasselisten eingeräumt hatte, um die Verbreitung bestimmter Hunderassen über erhöhte Steuern zu beeinflussen. Eine Gutachterin hat sich inzwischen öffentlich beim Präsidenten des Gerichts über die fehlerhafte Auslegung ihrer Äußerungen bzgl. Rasselisten beschwert. Unabhängig davon ließe sich mit dem Text dieser Entscheidung aber weder die Zahl der in NRW indizierten Rassen und ihrer Mischlinge noch die Höhe der "Kampfhundesteuer" für die Stadt Düsseldorf mit ihren absehbaren Folgen begründen.

Aus den o.g. Gründen übt die Stadtverwaltung der Landeshauptstadt Düsseldorf ihre Aufgaben nicht im Einklang mit dem Artikel 20, Abs. 3 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland* und der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus, weil sie die Landeshundeverordnung NRW trotz zahlreicher Hinweise (keineswegs nur in allen meinen eigenen Schreiben) als für sie "geltendes Recht" bezeichnet und nicht auf verfassungsrechtliche Bedenken geprüft hat. Sie versucht nicht nur deren rechtswidrige Auflagen gegenüber unbescholtenen Haltern von 42 darin indizierten Hunderassen und ihren Mischlingen durchzusetzen, sondern verursacht absehbare Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit zusätzlich durch eine ebenfalls rechtswidrige "Kampfhundesteuer", in deren unmittelbarer Folge wegen untragbarer finanzieller Belastungen für die Halter voraussichtlich nun viele Hunde bei restlos überfüllten Tierheimen ausgesetzt und erst dadurch unkontrollierbar und gefährlich werden.

Deshalb sind über diesen Widerspruch hinaus weitere rechtliche Schritte unvermeidbar.


Dr. Klaus Arens


·Grundgesetz, Artikel 20 - Grundlagen staatlicher Ordnung, Widerstandsrecht

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Grundgesetz, Artikel 31 - Vorrang des Bundesrechtes

Bundesrecht bricht Landesrecht
1 Anlage: Presseerklärung der Expertenkommission zur Bewertung der LHV NRW


Übersicht

zurück